Durchführung des Neubaus

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Die Durchführung des Neubaus wurde filmerisch aufgegriffen: Wilhelm Dönges gießt aus der Erde wachsende Stahlträger.
Abteilungsleiter und Institutsdirektor ringen um den besten Entwurf.
Blick in den neuen Mikroskopraum der Metallographischen Abteilung.
Heinrich Moshage - hier als Selbstbildnis um 1935 - fertigte die Plastik der heiligen Barbara, die ihren Platz im Treppenhaus des Hauptgebäudes fand.
Die Luftbildaufnahme des Neubaus aus dem Jahr 1935 zeigt die noch unbebaute Umgebung des Instituts in Düsseldorf-Düsseltal.


Die Planungen zum Neubau des KWIE wurzelten in Ideen aus den 1920er-Jahren. Durch die Folgen der Weltwirtschaftskrise konnte das Bauvorhaben damals nicht umgesetzt werden. Ab 1933 wurden die Planungen wieder aufgenommen.

Die Planungen ab 1933

Im Rahmen von Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung stellte die gleichgeschaltete Stadt Düsseldorf günstige Kredite zur Verfügung, weswegen die Planungen für einen KWIE-Neubau Ende des Jahres 1933 wieder aufgenommen werden konnten. Der Architekt Heinrich Blecken, der schon in den 1920er-Jahren an den Plänen gearbeitet hatte, wurde mit der Fortsetzung seiner Entwürfe beauftragt, um die Kontinuität zu wahren.[1] Für die Gestaltung der Fassaden wurde im Februar 1934 Paul Bonatz hinzugezogen, der seit 1908 als Professor an der Technischen Hochschule Stuttgart lehrte.[2] Er hatte sich bereits einen Ruf mit dem Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs erarbeitet und Spuren im Düsseldorfer Stadtbild hinterlassen. Auf ihn geht etwa das zwischen 1922 und 1924 erbaute Stummhaus, dem Verwaltungssitz des Stumm-Konzerns und später auch der Vereinigten Stahlwerke, zurück.[3] Wie der spätere KWIE-Neubau ist das Stummhaus ebenfalls dem Backsteinexpressionismus zuzuordnen. Bei den Entwürfen für das KWIE passte sich Heinrich Blecken weitgehend den Vorstellungen von Paul Bonatz an. Der Haupt- und der Saalbau des Instituts wurden in der äußeren Gestaltung nach dem Entwurf von Bonatz ausgeführt, während für den rückwärtigen Hallentrakt Heinrich Blecken verantwortlich war.

Das Bauvorhaben von 1934/1935

Die eigentliche Ausführung des Bauvorhabens 1934/1935 konnte jedoch sowohl von Blecken als auch von Bonatz nicht begleitet werden, da beide zu diesem Zeitpunkt mittlerweile anderweitig eingebunden waren. Während Blecken eine Professur an der Technischen Hochschule in Breslau angenommen hatte, war Bonatz nunmehr stark in den Autobahnbau involviert.[4] Die Ausführung des Neubaus übernahm die Hochtief AG in Essen, welche von Albert Vöglers jüngerem Bruder Eugen geleitet wurde.[5] Die künstlerische Bauleitung und Ausgestaltung wurde den Düsseldorfer Architekten Ernst Petersen und Walter Köngeter übertragen.

Das KWIE von außen

Das in Stahlskelettbauweise errichtete Hauptgebäude mit anschließendem Seitenflügel entsprach durch seine kubische Gestaltung, die horizontalen Fensterbänder und die Ausstattung mit Stahlrohrmöbeln dem Bauhausstil und damit der klassischen Moderne in Deutschland.[6] Um in einfachster Flächenbehandlung eine möglichst monumentale Wirkung zu erzielen, wurden die Straßenfronten mit scharf gebrannten Handstrichklinkern verblendet. Damit weist das Institutsgebäude zusätzlich ein Gestaltungselement des ebenfalls in den 1920er-Jahren verbreiteten Backsteinexpressionismus auf.[7] Dies stand keineswegs im Widerspruch zu der offiziellen Architektur der Nationalsozialisten. Wenn auch im repräsentativen Bereich die staatlichen Bauten im neoklassizistischen Stil, der bis heute landläufig als der typische Baustil im Nationalsozialismus gilt, gebaut wurden, so wurde bei Industrie- und Ingenieurbauten der moderne Stil nicht nur geduldet, sondern sogar gefördert. So konnten die Ideen des Neuen Bauens, wie etwa Zweckdienlichkeit, Einsatz neuer Werkstoffe und Materialien oder die Gestaltung der Gebäude in einfachen kubischen Formen, – wenn auch meist in gemäßigter Form – weiterleben.[8]

Das KWIE von innen

Bei der inneren Ausstattung des Instituts kam der Verwendung von Stahl eine besondere Bedeutung zu. Institutsdirektor Friedrich Körber betonte, dass „unter bewußter Ausschaltung von Holzarbeiten“, „die Verwendung von Stahl bei der gesamten Ausführung überall durchgeführt, wo sie technisch begründet war und wirtschaftliche oder künstlerische Bedenken dem nicht entgegenstanden“.[9] Dadurch wurde dem KWIE auch im Innern das Ambiente der Bauhauszeit verliehen, etwa durch Stahltüren mit Milchglasscheiben, eingebaute und freistehende Schränke oder aus Stahl gefertigte Büro- und Laboratoriumsmöbel. Besonders bemerkenswert war auch die Verwendung von Edelstahl, etwa für die Haupteingangstüren, den Handlauf im Haupttreppenhaus oder die Fenster im Saalbau und in der Stirnfassade des Hauptgebäudes.[10] Auch das große Wandrelief in der Eingangshalle wurde aus 120 Nirosta-Gussplatten, die die Firma Krupp gespendet hatte, angefertigt. Das Werk stammt von dem Bildhauer Erich Kuhn und zeigt eine symbolische Darstellung der Eisen- und Stahlerzeugung im Hochofen und Stahlkonverter.[11] Kuhn gestaltete später die Türflügel aus Stahlguss des 1938 errichteten Hochtiefhauses in Essen, der Konzernzentrale der Hochtief AG. Im Jahre 1939 schuf er auf dem Werksgelände der Friedrich Krupp AG ein Nirosta-Relief mit der Inschrift: „Hermann Göring: Der Vierjahresplan ist die sichtbare Verwirklichung der Gemeinschaftsarbeit des deutschen Volkes“. Ebenfalls aus rostfreiem Stahl fertigte Kuhn ein Relief für einen Tisch an, den Gustav Krupp von Bohlen und Halbach im Mai 1939 im Namen der „Kruppschen Gefolgschaft“ Adolf Hitler zu dessen fünfzigstem Geburtstag schenkte.[12]

Das KWIE und Düsseltal

Der Neubau des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Eisenforschung in Düsseldorf-Düsseltal war auch in ein stadtplanerisches Konzept eingebunden. In städtebaulicher Hinsicht wurde im Einvernehmen mit dem Stadterweiterungsamt angestrebt, dem Institutsneubau eine beherrschende Rolle im Stadtbild zuzuweisen.[13] Durch besondere Schutzbestimmungen sorgte die Stadt Düsseldorf dafür, dass dieser Ortsteil nur mit Wohnhäusern gehobenen Standards bebaut werden durfte. Die Errichtung von Industrieanlagen, Werkstätten, Schankstätten und Warenhäusern wurde untersagt, da diese erheblichen Publikumsverkehr anziehen würden. Eine ungestörte Forschungsarbeit sollte dadurch gewährleistet bleiben.[14] Durch den Institutsneubau wurde das etwa 80.000 m² große Grundstück keinesfalls voll ausgenutzt, vielmehr blieb noch in erheblichem Maße Platz für zukünftige Erweiterungspläne vorhanden.[15] Schon nach wenigen Jahren führten räumliche Unzulänglichkeiten zu einem Erweiterungsvorschlag, der eine Vergrößerung der Hallengruppe auf das Doppelte ihres ursprünglichen Umfanges vorsah. Dieser Plan fand sowohl die Zustimmung des Kuratoriums als auch des Vorstands des VDEh. Der für den Herbst 1939 geplante Beginn der Bauarbeiten wurde jedoch durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verhindert.[16]

Einzelnachweise

zum ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis

  1. Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Denkmalpflege: Gutachtliche Stellungnahme, S. 3 u. Bauaufsichtsamt Düsseldorf: Hausakten MPIE, Baupläne Heinrich Blecken.
  2. Bauaufsichtsamt Düsseldorf: Hausakten MPIE, Pläne von Paul Bonatz zur Fassadengestaltung.
  3. Werner: Paul Bonatz 1877-1956, S. 21.
  4. Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Denkmalpflege: Gutachtliche Stellungnahme, S. 3 f.
  5. Körber: Neubau des KWIE, S. 313 u. Kohl: Die Präsidenten der KWG im NS, S. 190 f.
  6. Flachowsky: Das Max-Planck-Institut für Eisenforschung Düsseldorf, S. 130.
  7. Körber: Neubau des KWIE, S.261; „Eisen-Institut ist nun ein Denkmal“, in: Rheinbote, 01.06.1994; https://de.wikipedia.org/wiki/Backsteinexpressionismus (19.04.2017).
  8. Schäfers: Vom Werkbund zum Vierjahresplan, S. 228.
  9. Körber: Neubau des KWIE, S.266.
  10. Landschaftsverband Rheinland, Rheinisches Amt für Denkmalpflege: Gutachtliche Stellungnahme, S. 6.
  11. Körber: Neubau des KWIE, S.267.
  12. http://www.germanartgallery.eu/en/Webshop/0/product/info/Erich_Kuhn,_design_of_the_Krupp_Table-relief&id=260 (16.07.2017).
  13. Körber: Neubau des KWIE, S. 261.
  14. Ebd., S. 257.
  15. Ebd.
  16. Dönges: Geschichte, S. 18.