Rüstungsforschung (1933–1935): Unterschied zwischen den Versionen
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Durch den Verlust des Minettegebietes in Lothringen nach dem Ersten Weltkrieg verfüge Deutschland über „so gut wie keine unmittelbar verhüttbaren Erze“ mehr.<ref>MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.</ref> Ziel war es, „für die reichen Vorräte an […] minderwertigen Erzen geeignete Bedingungen für eine wirtschaftliche Verhüttung zu schaffen“.<ref>MPIE, 8-2-01-3, Rede zu einer Führung durch das KWIE.</ref> So wurde untersucht, „wie die Wettbewerbslage der deutschen Eisenerze den vom Ausland gelieferten gegenüber verbessert werden kann.“<ref>MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.</ref> Im Zusammenhang hiermit stehe „eine z.Zt. noch laufende Untersuchung über die Bewertung von Eisenerzen“, berichtete [[Anton Pomp|Anton Pomp]] 1934. „Die Lösung dieser Frage wie auch die Untersuchungen über die magnetischen Eigenschaften der Eisenoxyde werden in der nächsten Zeit den Hauptteil der weiteren Arbeiten bilden.“<ref>MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.</ref> | Durch den Verlust des Minettegebietes in Lothringen nach dem Ersten Weltkrieg verfüge Deutschland über „so gut wie keine unmittelbar verhüttbaren Erze“ mehr.<ref>MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.</ref> Ziel war es, „für die reichen Vorräte an […] minderwertigen Erzen geeignete Bedingungen für eine wirtschaftliche Verhüttung zu schaffen“.<ref>MPIE, 8-2-01-3, Rede zu einer Führung durch das KWIE.</ref> So wurde untersucht, „wie die Wettbewerbslage der deutschen Eisenerze den vom Ausland gelieferten gegenüber verbessert werden kann.“<ref>MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.</ref> Im Zusammenhang hiermit stehe „eine z.Zt. noch laufende Untersuchung über die Bewertung von Eisenerzen“, berichtete [[Anton Pomp|Anton Pomp]] 1934. „Die Lösung dieser Frage wie auch die Untersuchungen über die magnetischen Eigenschaften der Eisenoxyde werden in der nächsten Zeit den Hauptteil der weiteren Arbeiten bilden.“<ref>MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.</ref> | ||
Die Forschungen der Erzabteilung waren aus Sicht der deutschen Stahlindustrie nach 1933 von zentraler Bedeutung. Dies zeigt sich unter anderem auch darin, dass sie seit 1934/35 zusätzlich durch die von der Industrie getragene und eng mit dem [[Verein Deutscher Eisenhüttenleute|Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh)]] verbundene Helmholtz-Gesellschaft [[Institutsentwicklung (1933–1935)|finanziell gefördert]] wurden.<ref>MPIE, 24-1-00-2, Anträge auf Unterstützung aus Mitteln der Helmholtz-Gesellschaft, 01.10.1934-30.09.1935.</ref> Die Helmholtz-Gesellschaft hatte die Aufgabe, die wissenschaftliche Forschung in den Bereichen Technik und Physik zu unterstützen und die Zusammenarbeit von Industriellen und Wissenschaftlern fördern. Es gab deutliche | Die Forschungen der Erzabteilung waren aus Sicht der deutschen Stahlindustrie nach 1933 von zentraler Bedeutung. Dies zeigt sich unter anderem auch darin, dass sie seit 1934/35 zusätzlich durch die von der Industrie getragene und eng mit dem [[Verein Deutscher Eisenhüttenleute|Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh)]] verbundene Helmholtz-Gesellschaft [[Institutsentwicklung (1933–1935)|finanziell gefördert]] wurden.<ref>MPIE, 24-1-00-2, Anträge auf Unterstützung aus Mitteln der Helmholtz-Gesellschaft, 01.10.1934-30.09.1935.</ref> Die Helmholtz-Gesellschaft hatte die Aufgabe, die wissenschaftliche Forschung in den Bereichen Technik und Physik zu unterstützen und die Zusammenarbeit von Industriellen und Wissenschaftlern fördern. Es gab deutliche personelle Überschneidungen zwischen VDEh und der Gesellschaft. Vorsitzender der Helmholtz-Gesellschaft war der VDEh-Vorstandsvorsitzende [[Albert Vögler|Albert Vögler]], Geschäftsführer war [[Otto Petersen|Otto Petersen]], der ebenfalls gleichzeitig Geschäftsführer des VDEh war.<ref>Schulze: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, S. 76 f.</ref> Dabei wurden immer nur die wissenschaftlichen Arbeiten einzelner Forscher finanziell gefördert, nie ganze Institute.<ref>Vgl. MPIE 6-1-04-1, Schreiben der Helmholtz-Gesellschaft an Franz Wever, 25.06.1940.</ref> | ||
==Einbindung in die NS-Luftfahrtforschung== | ==Einbindung in die NS-Luftfahrtforschung== |
Version vom 4. Januar 2021, 18:58 Uhr
Steigende Zahl der Forschungsaufträge
Ab 1933 nahm die Zahl der Forschungsaufträge für das KWIE zu. So erwähnte der Bericht über das Geschäftsjahr 1934 für die Zeit seit der „Machtübernahme“ „eine Reihe von Sonderaufträgen seitens der Industrie und amtlicher Stellen“ und die „Uebertragung grösserer dringender Forschungsaufgaben seitens amtlicher Stellen“.[1] Der Bericht führte die „zur Zeit laufenden Untersuchungen“ und „die Bemühungen um eine Steigerung der Güte des Stahles sowie um Verbesserung der Erzeugungsverfahren“ „an erster Stelle“. Er betonte, dass diejenigen Arbeiten „lebhafte Förderung erfahren“ hätten, „die mit der deutschen Rohstoffversorgung zusammenhängen, und die schon mehrere Jahre zurückreichen“ würden.[2]
Werkstoffforschungen der Erzabteilung
Die deutschen Autarkiebestrebungen im Erz- und Stahlbereich hatten schon vor 1933 die Grundlage zahlreicher Forschungsarbeiten am KWIE gebildet. Die Arbeiten fanden insbesondere innerhalb der von Walter Luyken geleiteten Erzabteilung sowie im Rahmen verschiedener Werkstoffforschungen in unterschiedlichen Abteilungen des Instituts statt.[3] Auch nach 1933 führte die Erzabteilung Anreicherungsversuche mit sogenannten „armen deutschen Eisenerzen“ durch, um die „verbliebenen Vorräte an armen Eisenerzen für die deutsche eisenerzeugende Industrie durch Entwicklung neuer Anreicherungsverfahren nutzbar zu machen.“[4] Dies verstand man als „wichtige Aufgabe“ des Instituts. Durch den Verlust des Minettegebietes in Lothringen nach dem Ersten Weltkrieg verfüge Deutschland über „so gut wie keine unmittelbar verhüttbaren Erze“ mehr.[5] Ziel war es, „für die reichen Vorräte an […] minderwertigen Erzen geeignete Bedingungen für eine wirtschaftliche Verhüttung zu schaffen“.[6] So wurde untersucht, „wie die Wettbewerbslage der deutschen Eisenerze den vom Ausland gelieferten gegenüber verbessert werden kann.“[7] Im Zusammenhang hiermit stehe „eine z.Zt. noch laufende Untersuchung über die Bewertung von Eisenerzen“, berichtete Anton Pomp 1934. „Die Lösung dieser Frage wie auch die Untersuchungen über die magnetischen Eigenschaften der Eisenoxyde werden in der nächsten Zeit den Hauptteil der weiteren Arbeiten bilden.“[8]
Die Forschungen der Erzabteilung waren aus Sicht der deutschen Stahlindustrie nach 1933 von zentraler Bedeutung. Dies zeigt sich unter anderem auch darin, dass sie seit 1934/35 zusätzlich durch die von der Industrie getragene und eng mit dem Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh) verbundene Helmholtz-Gesellschaft finanziell gefördert wurden.[9] Die Helmholtz-Gesellschaft hatte die Aufgabe, die wissenschaftliche Forschung in den Bereichen Technik und Physik zu unterstützen und die Zusammenarbeit von Industriellen und Wissenschaftlern fördern. Es gab deutliche personelle Überschneidungen zwischen VDEh und der Gesellschaft. Vorsitzender der Helmholtz-Gesellschaft war der VDEh-Vorstandsvorsitzende Albert Vögler, Geschäftsführer war Otto Petersen, der ebenfalls gleichzeitig Geschäftsführer des VDEh war.[10] Dabei wurden immer nur die wissenschaftlichen Arbeiten einzelner Forscher finanziell gefördert, nie ganze Institute.[11]
Einbindung in die NS-Luftfahrtforschung
Ein wichtiges Arbeitsfeld bildete für das KWIE die Luftfahrtforschung im Forschungsverbund des Reichsluftfahrtministeriums (RLM). Bereits vor 1933 war das KWIE in die Luftfahrtforschung eingebunden gewesen. Schon Mitte 1926 hatte es im Auftrag des Heereswaffenamts im Reichswehrministerium „in Gemeinschaft mit drei Edelstahlwerken“ nach geeigneten Stählen „für hochbeanspruchte Teile von Flugzeugmotoren, wie Kurbelwellen und Pleuelstangen“ geforscht.[12] 1933 wurde Hermann Göring die Leitung des neu eingerichteten Reichskommissariats für die Luftfahrt übertragen, aus dem schließlich im Mai 1933 das RLM entstand. Damit ging auch die Zuständigkeit für die Luftfahrtforschung an das neu gebildete Ministerium über.[13]
Forscher des KWIE waren bei der Suche nach sogenannten „Austauschstoffen“ darüber hinaus in verschiedenen Arbeitsgruppen innerhalb des Ausschusses für Werkstoffe aktiv.[14] Zu den Vertretern des KWIE in den Arbeitsgruppen gehörten Direktor Friedrich Körber, Peter Bardenheuer, Anton Pomp und Franz Wever.[15] Am 21. und 22. Februar 1936 war das Institut darüber hinaus Tagungsort der Sondertagung über „Spannungsmessverfahren in der Luftfahrttechnik“, die die Vereinigung für Luftfahrtforschung (VLF) organisierte.[16]
Weitere Forschungsarbeiten am KWIE
Kernaufgabe des Instituts blieben Forschungsarbeiten, die sich auf die Bestimmung und Verbesserung der qualitativen Eigenschaften der deutschen Stähle und der Herstellungs- sowie der Weiterverarbeitungsverfahren richteten. So gehe es um „Klärung und Mehrung der wissenschaftlichen Grundlagen der eisenerzeugenden und weiterverarbeitenden Prozesse“ und die „Nutzbarmachung der […] naturwissenschaftlichen Forschung für die Technik“.[17] Die Metallurgische Abteilung beschäftigte sich mit Stahlerzeugungsverfahren unter verschiedenen Bedingungen, dem Verhalten verschiedener Stoffe gegen ihre Silikate und gegen saure Schlacken und mit der Aufstellung metallurgisch wichtiger Zustandsschaubilder.[18]
Die anderen Abteilungen befassten sich mit sehr unterschiedlichen Forschungsthemen. In der Mechanischen Abteilung wurden Arbeiten zur Schwingungsprüfung und -beanspruchung sowie Untersuchungen zur Wechselfestigkeit von Stahl durchgeführt. Einen großen Teil der Versuchstätigkeit nahmen solche über Zugbeanspruchung, Dauerstandfestigkeit und Walzen ein. Neben verschiedenen Schmiedevorgängen wurde der Schwarzbruch im Stahl untersucht und andere Untersuchungen für die Industrie durchgeführt.[19]
Die Arbeiten der Chemischen Abteilung dienten „in der Hauptaufgabe der chemischen Analyse aller in Frage kommenden Rohstoffe und Fertigerzeugnisse.“[20] Hier wurden zum Beispiel die Möglichkeiten zur Bestimmung des Sauerstoff- und Wasserstoffgehalts in Stählen sowie der Einfluss von Wasserstoff auf Stähle untersucht. Zusätzlich entwickelte man die potentiometrische Titration und arbeitete das Kobaltbestimmungsverfahren aus.[21] Die Physikalische Abteilung führte Untersuchungen des Spannungszustands mit Röntgenstrahlen und Untersuchungen an Phosphaten durch. Außerdem beschäftigte sie sich mit Pyrometrie, thermischer Analyse und Stahlhärtung.[22]
Die Physikalische Abteilung und die Mechanisch-Technologische Abteilung des KWIE waren nach 1933 im Rahmen VLF und der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt in der Luftfahrtforschung aktiv.[23] Die VLF war im April 1933 auf Anregung des Leiters der Forschungsabteilung im Technischen Amt des RLM, Adolf Baeumker, gegründet worden. Ihre Aufgabe war es, die Forschungsarbeiten im Bereich Flugzeugbau und Luftverkehr zusammen zu fassen.[24] Im Rahmen dieses Verbandes sollten Fachleute aus Wirtschaft, Wissenschaft, Staat und Militär die Forschung in den Bereichen Flugzeugbau und Luftverkehr sowie die praktische Umsetzung von Forschungsergebnissen koordinieren. Innerhalb der VLF entstanden verschiedene Ausschüsse und Arbeits- bzw. Fachgruppen, etwa der im Dezember 1933 gebildete Ausschuss für Werkstoffe.[25] In diesen Ausschuss wurde das KWIE von der Geschäftsstelle der VLF integriert. So war auch das KWIE Teil der überinstitutionellen „Gemeinschaftsforschung“ für die Luftwaffe.[26]
Siehe auch
- Rüstungsforschung (1936–1939)
- Das KWIE als Wehrwirtschaftsbetrieb und Rüstungsforschung (1940–1942)
- Rüstungsforschung (1943–1944)
- Rüstungsforschung und Institutsentwicklung in den letzten Kriegsjahren
Einzelnachweise
→ zum ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis
- ↑ MPIE, 8-2-01-3, Bericht über das Geschäftsjahr 1934.
- ↑ MPIE, 8-2-01-3, Bericht über das Geschäftsjahr 1934.
- ↑ MPIE, 8-2-01-2, Bericht über die Arbeiten des Instituts (abgeschlossen am 31. Dezember 1931).
- ↑ MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.
- ↑ MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.
- ↑ MPIE, 8-2-01-3, Rede zu einer Führung durch das KWIE.
- ↑ MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.
- ↑ MPIE, 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.
- ↑ MPIE, 24-1-00-2, Anträge auf Unterstützung aus Mitteln der Helmholtz-Gesellschaft, 01.10.1934-30.09.1935.
- ↑ Schulze: Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, S. 76 f.
- ↑ Vgl. MPIE 6-1-04-1, Schreiben der Helmholtz-Gesellschaft an Franz Wever, 25.06.1940.
- ↑ MPIE, 3-0-20-2, Untersuchung von Stählen für Flugzeugkurbelwellen (undatiert).
- ↑ Vgl. Budraß: Flugzeugindustrie und Luftrüstung, S. 293-295; Flachowsky: Alle Arbeit, S. 171.
- ↑ Flachowsky: Alle Arbeit, S. 173.
- ↑ Flachowsky: Alle Arbeit, S. 172-174.
- ↑ MPIE, 8-1-26-1, Einladungsschreiben der VLF zur Sondertagung an Pomp, 03.02.1936.
- ↑ MPIE 8-2-01-3, Entwurf zu einem Text von Pomp, Mai 1934.
- ↑ MPIE, 8-2-01-4, Bericht über Arbeiten des Instituts 1935.
- ↑ MPIE, 8-2-01-3, Bericht über das Geschäftsjahr 1934; MPIE, 8-2-01-4, Bericht über das Geschäftsjahr 1935.
- ↑ MPIE, 8-2-01-3, Rede zu einer Führung durch das KWIE.
- ↑ MPIE, 8-2-01-4, Bericht über Arbeiten des Instituts 1935.
- ↑ MPIE, 8-2-01-4, Bericht über Arbeiten des Instituts 1935.
- ↑ MPIE, 8-2-01-4, Tätigkeitsberichte & Arbeitsprogramme 1935, 36.
- ↑ Flachowsky: Alle Arbeit, S.171.
- ↑ Flachowsky: Alle Arbeit, S. 171.
- ↑ Flachowsky: Alle Arbeit, S. 172.