Rüstungsforschung (1936–1939)

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Die Lilienthal-Gesellschaft trug zur Koordinierung der deutschen Luftfahrtforschung bei. Zu ihren Mitgliedern gehörte unter anderem Anton Pomp, der Mitglied des Ausschusses für Werkstoffragen war.
1937 führte das Institut Untersuchungen an Geschossspitzen ...
... und Geschossrohlingen durch.

Einbindung des KWIE in Forschungsverbünde zur Luftfahrt

Forschungen im Forschungsverbund des Reichsluftfahrtministerium (RLM) und der Vereinigung für Luftfahrtforschung (VLF), die 1936 in „Lilienthal-Gesellschaft für Luftfahrtforschung“ umbenannt wurde, waren über Jahre ein konstanter Bestandteil der Arbeit des KWIE.[1] Friedrich Körber, Peter Bardenheuer, Franz Wever und Anton Pomp waren Mitglieder der Lilienthal-Gesellschaft.[2] Anzunehmen ist, dass sie zuvor auch Mitglieder der VLF waren.

In der Arbeitsgruppe Kolben, Kolbenringe und Zylinder der Lilienthal-Gesellschaft forschten Wissenschaftler des KWIE unter der Ägide von Bardenheuer, dem Leiter der Chemischen und Metallurgischen Abteilung, zu den Eigenschaften und der Weiterentwicklung von Kolben- und Zylinderwerkstoffen. In der Arbeitsgruppe Kühlmantelbleche und Auspufftöpfe beschäftigten sich Pomp und Bardenheuer mit der mechanischen Prüfung von Stahlsorten unter Bedingungen, die im Auspufftopf herrschen. Im Rahmen der Arbeitsgruppe Ventilfedern entwickelte das KWIE einen deutschen Ventilfederdraht und erforschte die magnetische Prüfung derartiger Ventilfederdrähte. Unter der Leitung von Wever wurde etwa ein magnetischer „Federprüf-Apparat“ entwickelt, mit dem man Risse in Ventilfedern feststellen konnte.[3]

Werkstoffforschung für die Luftfahrt

Dem verwandten Thema der Eignung von Werkstoffen als Ventilmaterial ging man in der Arbeitsgruppe Ventilmaterial (warmfeste Stoffe) nach. Die Arbeitsgruppe wurde von Körber geleitet. Gleit- bzw. Verschleißerscheinungen bei Lagerwerkstoffen wurden in der Arbeitsgruppe Lagerbaustoffe untersucht. Die Arbeitsgruppe Werkstoffeinfluss auf Schweißrissigkeit beschäftigte sich unter der stellvertretenden Leitung Pomps mit der Neigung von Stählen zur Schweißrissigkeit. Die Arbeitsgruppe Kurbelwellen wurde von Körber geleitet. Pomp widmete sich hier der Untersuchung von sparstoffarmen Stählen auf ihre Eignung als Kurbelwellenmaterial. Zerstörungsfreie Prüfverfahren wurden in einer weiteren Arbeitsgruppe unter der stellvertretenden Leitung und Ägide von Wever bearbeitet, unter anderem röntgenographische Bestimmung des Ermüdungszustandes von Bauteilen. In den genannten Arbeitsgruppen waren neben den Wissenschaftlern des KWIE auch hochrangige Vertreter des Reichsluftfahrtministeriums (RLM), der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt, der Deutschen Luft Hansa, des Reichsverbands der Deutschen Luftfahrtindustrie sowie der TH Berlin vertreten.[4]

Aufträge des Reichsluftfahrtministerium (RLM)

Zusätzlich führte das KWIE Arbeiten aus, die direkt vom RLM in Auftrag gegeben worden waren. Dazu gehörten etwa Beizprüfungen an einer größeren Anzahl von Walzdrähten und ölschlussgehärteten Ventilfederdrähten, die von der Metallographischen Abteilung durchgeführt wurden.[5] Ebenfalls für das RLM wurden unterschiedliche Auspuffsammler-Werkstoffe auf deren chemische Zusammensetzung, Zugfestigkeit und Dehnung, Tiefziehfähigkeit, Dauerstandfestigkeit und Austernit-Korngrenzzerfall untersucht. Darüber hinaus wurden „Untersuchungen an sparstoffarmen Stählen als Austauschwerkstoffe für hochnickelhaltige Stähle beispielsweise für Flugzeugkurbelwellen“ sowie „Untersuchungen von Federbandstahl und Ventilfedern aus deutschem Stahl“ durchgeführt.[6]

Die Mechanisch-Technologische Abteilung untersuchte für das RLM die Durchhärtefähigkeit von Chrom-Molybdän-Vergütungs- und Einsatzstählen. Dabei wurden Stähle verschiedener Werke auf ihre Härte an der Oberfläche und im Querschnitt, die Zugfestigkeit und die Kerbschlagzähigkeit am Rand und in der Mitte getestet. Die genannten Forschungen, „standen“ – wie das KWIE betonte – „in einer engen Beziehung zum Vierjahresplan“.[7] So besaßen für die Reichsstelle für Wirtschaftsaufbau und in der deutschen Rüstungsproduktion während des Zweiten Weltkriegs die Stahlveredler Nickel und Molybdän – neben dem seltenen Titan – höchste Priorität. Diese Aufgaben werden in Denkschriften der Reichsstelle für Wirtschaftsausbau aus der Zeit um 1939 behandelt.[8]

Forschungsaufträge zwischen 1937 und 1939

Diese Forschungsaufträge und neue Arbeiten für das RLM beschäftigten das KWIE auch im Folgejahr, denn die „besonders im Flugzeugbau auftretenden ständig neuen Probleme“ brachten „eine immer stärkere Heranziehung des Instituts zur Lösung vordringlicher Fragen“ mit sich – so der Wortlaut des Tätigkeitsberichts von 1937 und – in gleichem Wortlaut – von Ende 1938.[9] Untersuchungen zur Dauerhaltbarkeit von Ventilfedern wurden vor allem seit dem Frühjahr 1939 von der Mechanischen-Technologischen Abteilung durchgeführt.[10]

Darüber hinaus erhielt das KWIE auch Forschungsaufträge von anderen Institutionen. So führte die Mechanisch-Technologische Abteilung etwa zu Beginn des Jahres 1939 Dauerstandsversuche an höher legierten Stählen, darunter auch Versuche an einer neuen Legierung, für die Kriegsmarine durch.[11] Auch einige Rüstungsbetriebe beauftragten das KWIE: Die Mechanisch-Technologische Abteilung testete für die Berlin-Lübecker-Maschinenfabrik (BLM) seit dem Sommer 1939 die Dauerhaltbarkeit von Maschinengewehr-Teilen.[12] Die Physikalische Abteilung war 1937/1938 mit der Untersuchung von Stahl zur Herstellung von Granaten für die Firma Schröder, Voigt & Co, Stahl- und Ziehwerk in Düsseldorf beschäftigt. Außerdem untersuchte die Abteilung Geschossspitzen und -hüllen für die Firma Bertram & Graf aus Lübeck.[13]

Siehe auch

Einzelnachweise

zum ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis

  1. Flachowsky: Alle Arbeit, S. 171.
  2. BArch (Militärarchiv Freiburg), RL 39/1338; BArch (Militärarchiv Freiburg), RL 39/1341; BArch (Militärarchiv Freiburg), RL 39/1313; MPIE, 8-1-26-1, Schreiben der Lilienthal-Gesellschaft an Pomp, 18.08.1936, Mitgliederverzeichnis der Lilienthal-Gesellschaft (Stand 30.09.1938).
  3. Flachowsky: Alle Arbeit, S. 174, S. 208 f.
  4. Vgl. Flachowsky: Alle Arbeit, S. 208f.
  5. MPIE, 8-2-01-4, Zusammenstellung der ausgeführten Arbeiten Juli bis September 1936, Abt. Metallographie.
  6. MPIE, 8-2-01-5, Bericht der Mechanischen Abteilung, undatiert.
  7. MPIE, 8-2-01-5, Bericht über Arbeiten des Instituts, abgeschlossen am 31. Dezember 1937, Tätigkeitsbericht der Mechanisch-Technologischen Abteilung, 01.07.-30.09.1937, Bericht der Mechanischen Abteilung, undatiert.
  8. Bohn/Elvert/Rebas/Salewski: Neutralität und totalitäre Aggression.
  9. MPIE, 8-2-01-5, Bericht der Mechanischen Abteilung, undatiert.
  10. MPIE, 8-2-01-6, Tätigkeitsbericht der Mechanisch-Technologischen Abteilung, 01.04.-30.06.1939, Tätigkeitsbericht der Mechanisch-Technologischen Abteilung, 01.07.-30.09.1939.
  11. MPIE, 8-2-01-6, Tätigkeitsbericht der Mechanisch-technologischen Abteilung, 01.01.-31.03.1939.
  12. MPIE, 8-2-01-6, Tätigkeitsbericht der Mechanisch-Technologischen Abteilung, 01.07.-30.09.1939.
  13. MPIE, 6-2-11-9, Untersuchung von Rundstangen mit Rissen, 28.02.1938, Untersuchung von Geschoßspitzen und 2 Rundstäben, 16.01.1937.