Die Direktoren des KWIE im Nationalsozialismus: Unterschied zwischen den Versionen
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Körber hatte in Göttingen und München Mathematik und Naturwissenschaften studiert und 1909 am Lehrstuhl von Gustav Tammann promoviert. Während des Ersten Weltkriegs war er zunächst als Leutnant an der Front eingesetzt worden und ab Mitte 1917 unter [[Fritz Wüst|Fritz Wüst]], dem späteren ersten Direktor des KWIE, im Fachausschuss IV der [[Kaiser-Wilhelm-Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft|Kaiser-Wilhelm-Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft (KWKW)]] in Aachen tätig gewesen.<ref>Vgl. BArch (Berlin), R 4901/13268, Friedrich Körber; Körber, Friedrich (Neue Deutsche Biographie 12); Flachowsky: Alle Arbeit, S. 160f; Flachowsky: Wagenburg, S. 677 f., S. 685 f.; Berichte und Mitteilungen der Max-Planck-Gesellschaft, 5/93, S. 9-11.</ref> Die KWKW griff Themenwünsche des Militärs auf und setzte sie in [[Übersicht: Autarkie- und Rüstungsforschung|entsprechende Forschungsprojekte]] um.<ref>Hierzu Flachowsky: Alle Arbeit, S. 158 f, S. 161.</ref> Bis 1920 arbeitete Körber außerdem als Dozent für Physikalische Metallurgie an der Technischen Hochschule (TH) Aachen. Im April desselben Jahres wurde er Vorsteher der [[Die Mechanisch-Technologische Abteilung|Mechanisch-Technologischen Abteilung]] am KWIE. Ab 1922 fungierte er als Stellvertreter des ersten Institutsdirektors Wüst. 1923 wurde Körber Direktor des KWIE. Er war innerhalb der Stahlindustrie gut vernetzt und hatte einen Sitz im Vorstand des [[Verein Deutscher Eisenhüttenleute|Vereins Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh)]]. Zwischen 1937 und seinem Tod war Körber zudem Mitglied des Senats der KWG.<ref>Dönges: Geschichte, S. 11 f; siehe auch: Flachowsky: Wagenburg, S. 677; Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 690 f.</ref> | Körber hatte in Göttingen und München Mathematik und Naturwissenschaften studiert und 1909 am Lehrstuhl von Gustav Tammann promoviert. Während des Ersten Weltkriegs war er zunächst als Leutnant an der Front eingesetzt worden und ab Mitte 1917 unter [[Fritz Wüst|Fritz Wüst]], dem späteren ersten Direktor des KWIE, im Fachausschuss IV der [[Kaiser-Wilhelm-Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft|Kaiser-Wilhelm-Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft (KWKW)]] in Aachen tätig gewesen.<ref>Vgl. BArch (Berlin), R 4901/13268, Friedrich Körber; Körber, Friedrich (Neue Deutsche Biographie 12); Flachowsky: Alle Arbeit, S. 160f; Flachowsky: Wagenburg, S. 677 f., S. 685 f.; Berichte und Mitteilungen der Max-Planck-Gesellschaft, 5/93, S. 9-11.</ref> Die KWKW griff Themenwünsche des Militärs auf und setzte sie in [[Übersicht: Autarkie- und Rüstungsforschung|entsprechende Forschungsprojekte]] um.<ref>Hierzu Flachowsky: Alle Arbeit, S. 158 f, S. 161.</ref> Bis 1920 arbeitete Körber außerdem als Dozent für Physikalische Metallurgie an der Technischen Hochschule (TH) Aachen. Im April desselben Jahres wurde er Vorsteher der [[Die Mechanisch-Technologische Abteilung|Mechanisch-Technologischen Abteilung]] am KWIE. Ab 1922 fungierte er als Stellvertreter des ersten Institutsdirektors Wüst. 1923 wurde Körber Direktor des KWIE. Er war innerhalb der Stahlindustrie gut vernetzt und hatte einen Sitz im Vorstand des [[Verein Deutscher Eisenhüttenleute|Vereins Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh)]]. Zwischen 1937 und seinem Tod war Körber zudem Mitglied des Senats der KWG.<ref>Dönges: Geschichte, S. 11 f; siehe auch: Flachowsky: Wagenburg, S. 677; Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 690 f.</ref> | ||
Über Körbers [[In Zahlen: Mitgliedschaften in NSDAP und Unterorganisationen|politische Aktivitäten]] ist wenig bekannt, doch passte er sich offenbar schrittweise dem NS-Regime an. Seit dem 3. November 1933 war er Mitglied des [https://de.wikipedia.org/wiki/Frontk%C3%A4mpferbund Nationalsozialistischen Deutschen Frontkämpferbundes (NSDFB)], dem sogenannten „Stahlhelm“, in der Ortsgruppe Düsseldorf-Grafenberg; ab dem 23. April 1934 gehörte er zudem der [https://de.wikipedia.org/wiki/Sturmabteilung SA]-Reserve I, Sturm 23/R. 39 an.<ref>BArch (Berlin), R 4901/13268, Friedrich Körber.</ref> Hintergrund der SA-Mitgliedschaft war, dass die Mitglieder des Stahlhelms im Zuge der „Gleichschaltung“ seit Mitte 1933 der SA-Führung unterstellt wurden, wobei die 36- bis 45-jährigen Mitglieder des Stahlhelms, – so Körber – der „SA-Reserve I“ angehörten. Im Januar 1934 wurden diese Verbände in die SA eingegliedert. Im November 1935 folgte die Auflösung des noch bestehenden Stahlhelms.<ref>Vgl. Mahlke: Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten.</ref> Der Beitritt zum NSDFB hatte angesichts der Mitgliedersperre der [https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistische_Deutsche_Arbeiterpartei NSDAP], die seit Mai 1933 galt, möglicherweise als Alternative zum NSDAP-Beitritt gedient.<ref>Vgl. Wetzel: NSDAP zwischen Öffnung und Mitgliedersperre; Falter: Wer durfte NSDAP-Mitglied werden, S. 20-28, S. 38 f.</ref> Der NSDAP trat Körber zum 1. Mai 1937 bei, im selben Jahr erfolgte außerdem der Austritt aus der SA.<ref> BArch (Berlin), R 9361 IX/21950202, NSDAP-Aufnahmeantrag, ausgefüllt am 11.06.1937; BArch (Berlin), R 9361 VII KARTEI; BArch (Militärarchiv Freiburg), RL 39/1338, Karteikarte Friedrich Körber; Flachowsky: Wagenburg, S. 685.</ref> Es war nach der Lockerung der Mitgliedersperre üblich, daraufhin erfolgte Eintritte auf den 1. Mai 1937 zurückzudatieren.<ref>Vgl. Grüttner: Biographisches Lexikon, S. 95 f.</ref> | Über Körbers [[In Zahlen: Mitgliedschaften in NSDAP und Unterorganisationen|politische Aktivitäten]] ist wenig bekannt, doch passte er sich offenbar schrittweise dem NS-Regime an. Seit dem 3. November 1933 war er Mitglied des [https://de.wikipedia.org/wiki/Frontk%C3%A4mpferbund Nationalsozialistischen Deutschen Frontkämpferbundes (NSDFB)], dem sogenannten „Stahlhelm“, in der Ortsgruppe Düsseldorf-Grafenberg; ab dem 23. April 1934 gehörte er zudem der [https://de.wikipedia.org/wiki/Sturmabteilung SA]-Reserve I, Sturm 23/R. 39 an.<ref>BArch (Berlin), R 4901/13268, Friedrich Körber.</ref> Hintergrund der SA-Mitgliedschaft war, dass die Mitglieder des Stahlhelms im Zuge der „Gleichschaltung“ seit Mitte 1933 der SA-Führung unterstellt wurden, wobei die 36- bis 45-jährigen Mitglieder des Stahlhelms, – so Körber – der „SA-Reserve I“ angehörten. Im Januar 1934 wurden diese Verbände in die SA eingegliedert. Im November 1935 folgte die Auflösung des noch bestehenden Stahlhelms.<ref>Vgl. Mahlke: Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten.</ref> Der Beitritt zum NSDFB hatte angesichts der Mitgliedersperre der [https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistische_Deutsche_Arbeiterpartei NSDAP], die seit Mai 1933 galt, möglicherweise als Alternative zum NSDAP-Beitritt gedient.<ref>Vgl. Wetzel: NSDAP zwischen Öffnung und Mitgliedersperre; Falter: Wer durfte NSDAP-Mitglied werden, S. 20-28, S. 38 f.</ref> Der NSDAP trat Körber zum 1. Mai 1937 bei, im selben Jahr erfolgte außerdem der Austritt aus der SA.<ref> BArch (Berlin), R 9361 IX/21950202, NSDAP-Aufnahmeantrag, ausgefüllt am 11.06.1937; BArch (Berlin), R 9361 VII KARTEI; BArch (Militärarchiv Freiburg), RL 39/1338, Karteikarte Friedrich Körber; Flachowsky: Wagenburg, S. 685.</ref> Es war nach der Lockerung der Mitgliedersperre üblich, daraufhin erfolgte Eintritte auf den 1. Mai 1937 zurückzudatieren.<ref>Vgl. Grüttner: Biographisches Lexikon, S. 95 f.</ref> | ||
1938 wurde Körber in den [https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Deutscher_Dozentenbund Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbund (NSDDozB)] aufgenommen und gehörte zahlreichen weiteren Organisationen an, die insbesondere sein Engagement in der [[Rüstungsforschung (1936–1939)|Rüstungs- und Luftfahrtforschung]] bezeugen. Er war Mitglied in der NSV, dem NS-Altherrenbund, dem RLB sowie seit 1936 in der Lilienthal-Gesellschaft und in der Deutschen Akademie der Luftfahrt.<ref>BArch (Militärarchiv Freiburg), RL 39/133, Karteikarte Friedrich Körber.</ref> Innerhalb der NS-Wissenschaftslandschaft war er einflussreich. 1943 wurde er zum Fachspartenleiter für Eisen und Stahl im [[Reichsforschungsrat|Reichsforschungsrat (RFR)]] ernannt.<ref>Flachowsky: Wagenburg, S. 685 f.</ref> Während der 1940er-Jahre trat Körber in internen Mitteilungen wie den sogenannten [[Feldpostbriefe an das KWIE und NS-Verbrechen|„Feldpostbriefen der Daheimgebliebenen“]] und in einzelnen Reden NS-nah, als Antisemit und als Anhänger der [[Die „Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen“|NS-Kriegsführung]] gegen Großbritannien und gegen die Sowjetunion auf. | 1938 wurde Körber in den [https://de.wikipedia.org/wiki/Nationalsozialistischer_Deutscher_Dozentenbund Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbund (NSDDozB)] aufgenommen und gehörte zahlreichen weiteren Organisationen an, die insbesondere sein Engagement in der [[Rüstungsforschung (1936–1939)|Rüstungs- und Luftfahrtforschung]] bezeugen. Er war Mitglied in der NSV, dem NS-Altherrenbund, dem RLB sowie seit 1936 in der Lilienthal-Gesellschaft und in der [[NS-Forschungsverbünde#Vereinigung für Luftfahrtforschung (VLF) und Deutsche Akademie der Luftfahrtforschung (DAL)|Deutschen Akademie der Luftfahrt (DAL)]].<ref>BArch (Militärarchiv Freiburg), RL 39/133, Karteikarte Friedrich Körber.</ref> Innerhalb der NS-Wissenschaftslandschaft war er einflussreich. 1943 wurde er zum Fachspartenleiter für Eisen und Stahl im [[Reichsforschungsrat|Reichsforschungsrat (RFR)]] ernannt.<ref>Flachowsky: Wagenburg, S. 685 f.</ref> Während der 1940er-Jahre trat Körber in internen Mitteilungen wie den sogenannten [[Feldpostbriefe an das KWIE und NS-Verbrechen|„Feldpostbriefen der Daheimgebliebenen“]] und in einzelnen Reden NS-nah, als Antisemit und als Anhänger der [[Die „Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen“|NS-Kriegsführung]] gegen Großbritannien und gegen die Sowjetunion auf. | ||
==Franz Wever== | ==Franz Wever== |
Version vom 5. Juni 2020, 12:42 Uhr
Die Installierung des Präsidialkabinetts der „nationalen Einheit“ unter dem neuen Reichskanzler Adolf Hitler im Januar 1933 und die folgenden Monate der NS-Machtübernahme blieben am KWIE selbst zunächst weitgehend folgenlos. Zu einer institutionellen „Gleichschaltung“ und personellen „Säuberung“ der Institutsgremien kam es nicht. Im Unterschied zu einigen anderen KWI erfolgte auch kein personeller Wechsel an der Spitze des Instituts. Als Institutsdirektor amtierte Friedrich Körber (1887-1944) bereits seit Anfang der 1920er-Jahre. Er behielt diese Stellung bis zu seinem Tod 1944. Erst danach übernahm Franz Wever (1892-1984) die Institutsdirektion.[1]
Friedrich Körber
Körber hatte in Göttingen und München Mathematik und Naturwissenschaften studiert und 1909 am Lehrstuhl von Gustav Tammann promoviert. Während des Ersten Weltkriegs war er zunächst als Leutnant an der Front eingesetzt worden und ab Mitte 1917 unter Fritz Wüst, dem späteren ersten Direktor des KWIE, im Fachausschuss IV der Kaiser-Wilhelm-Stiftung für kriegstechnische Wissenschaft (KWKW) in Aachen tätig gewesen.[2] Die KWKW griff Themenwünsche des Militärs auf und setzte sie in entsprechende Forschungsprojekte um.[3] Bis 1920 arbeitete Körber außerdem als Dozent für Physikalische Metallurgie an der Technischen Hochschule (TH) Aachen. Im April desselben Jahres wurde er Vorsteher der Mechanisch-Technologischen Abteilung am KWIE. Ab 1922 fungierte er als Stellvertreter des ersten Institutsdirektors Wüst. 1923 wurde Körber Direktor des KWIE. Er war innerhalb der Stahlindustrie gut vernetzt und hatte einen Sitz im Vorstand des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh). Zwischen 1937 und seinem Tod war Körber zudem Mitglied des Senats der KWG.[4] Über Körbers politische Aktivitäten ist wenig bekannt, doch passte er sich offenbar schrittweise dem NS-Regime an. Seit dem 3. November 1933 war er Mitglied des Nationalsozialistischen Deutschen Frontkämpferbundes (NSDFB), dem sogenannten „Stahlhelm“, in der Ortsgruppe Düsseldorf-Grafenberg; ab dem 23. April 1934 gehörte er zudem der SA-Reserve I, Sturm 23/R. 39 an.[5] Hintergrund der SA-Mitgliedschaft war, dass die Mitglieder des Stahlhelms im Zuge der „Gleichschaltung“ seit Mitte 1933 der SA-Führung unterstellt wurden, wobei die 36- bis 45-jährigen Mitglieder des Stahlhelms, – so Körber – der „SA-Reserve I“ angehörten. Im Januar 1934 wurden diese Verbände in die SA eingegliedert. Im November 1935 folgte die Auflösung des noch bestehenden Stahlhelms.[6] Der Beitritt zum NSDFB hatte angesichts der Mitgliedersperre der NSDAP, die seit Mai 1933 galt, möglicherweise als Alternative zum NSDAP-Beitritt gedient.[7] Der NSDAP trat Körber zum 1. Mai 1937 bei, im selben Jahr erfolgte außerdem der Austritt aus der SA.[8] Es war nach der Lockerung der Mitgliedersperre üblich, daraufhin erfolgte Eintritte auf den 1. Mai 1937 zurückzudatieren.[9] 1938 wurde Körber in den Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbund (NSDDozB) aufgenommen und gehörte zahlreichen weiteren Organisationen an, die insbesondere sein Engagement in der Rüstungs- und Luftfahrtforschung bezeugen. Er war Mitglied in der NSV, dem NS-Altherrenbund, dem RLB sowie seit 1936 in der Lilienthal-Gesellschaft und in der Deutschen Akademie der Luftfahrt (DAL).[10] Innerhalb der NS-Wissenschaftslandschaft war er einflussreich. 1943 wurde er zum Fachspartenleiter für Eisen und Stahl im Reichsforschungsrat (RFR) ernannt.[11] Während der 1940er-Jahre trat Körber in internen Mitteilungen wie den sogenannten „Feldpostbriefen der Daheimgebliebenen“ und in einzelnen Reden NS-nah, als Antisemit und als Anhänger der NS-Kriegsführung gegen Großbritannien und gegen die Sowjetunion auf.
Franz Wever
Wevers Studium der Mathematik und Physik in Berlin und Göttingen wurde durch seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg unterbrochen. Er war Leutnant und erhielt mehrere Kriegsauszeichnungen. Am KWIE war Wever ab 1920 als Assistent und dann ab 1921/22 unter seinem Vorgesetzten Körber als Leiter der Physikalischen Abteilung tätig. Seit 1925 lehrte der inzwischen promovierte und habilitierte Wever außerdem als Privatdozent an der Universität Köln, seit 1930 als außerordentlicher Professor für Angewandte Physik und Physik der Metalle an der Universität Bonn.[12] Laut Rüdiger Hachtmann war Wever seit 1920 wissenschaftlicher Assistent, ab 1923 Abteilungsleiter am KWIE sowie von 1930 bis 1944 Außerplanmäßiger Professor an der Universität Köln. Dies weicht von Wevers Angaben in dem Fragebogen ab. Für die Übernahme der Abteilungsleitung wird dort 1921/1922 angegeben.[13] Wever war vor 1933 in keiner politischen Partei Mitglied gewesen und gehörte auch nicht dem Stahlhelm oder sonstigen Wehrverbänden an.[14] Bei der Novemberwahl 1932 hatte er nach eigenen Angaben die Deutsche Volkspartei (DVP) gewählt, im März 1933 dann die NSDAP.[15] Er war der NSDAP zum 1. Mai 1933 beigetreten, nachdem er am 1. April 1933 schon SA-Mitglied geworden war; nach eigenen Angaben gemeinsam mit großen Teilen des Düsseldorfer Yachtclubs. Er erlangte in der sogenannten „Marine-SA“ den Rang eines Sturmführers; laut eigenen Angaben ohne Amt und dienstliche Tätigkeit. Aus einem zeitgenössischen Schreiben geht allerdings hervor, dass er Stabsmitglied war. Dort lautete die Bezeichnung seines Amts „Gaufachschaftsleiter im Amte für Erzieher, Gau Düsseldorf; z. Zt. Truppf. und Sachbearb. Ib beim Stabe der SA-Marinestandarte 21“.[16] Am 10. August 1933 trat Wever in den Hochschulverband des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) ein. Hier übernahm er eine Führungsfunktion als NSLB-Gaufachschaftsleiter. Er gehörte außerdem einigen weiteren NS-Verbänden an: NSBO/DAF, NSDoB, NSFK, NSV, NSBDT, NS-RB-Leibesübungen.[17] Es ist zu vermuten, dass Wever der NSDAP und den anderen Parteigliederungen sowie -verbänden sowohl aus Karrieregründen als auch aus politischer Begeisterung beitrat. Die Partei- und weiteren Mitgliedschaften lassen vermuten, dass er sich stark in das neue Regime integrierte und zu einem überzeugten Nationalsozialisten entwickelte. Wever war kriegsbegeisterter Nationalist. Seit 1936 hatte er mehrfach an militärischen Übungen teilgenommen, als Reserveoffizier verschiedener Flakregimenter der Luftwaffe. 1939 erfolgte die freiwillige Meldung zum Wehrdienst, inzwischen als Hauptmann der Reserve. In einem späteren Schreiben gab er dazu folgendes an: „Das KWIE […] hat sich 1939 meinem persönlichen Wunsch gefügt, dass ich im Kriege lieber Soldat als Gelehrter sein wollte.“[18] Er erlangte innerhalb der Luftwaffe hohe Stellungen und erhielt verschiedene militärische Auszeichnungen. Unter anderem war er 1943 bis 1944 Kommandeur der Flakartillerie Schule III in Berlin-Heiligensee. Nach vorhergehendem Einsatz als Batteriechef innerhalb des Flakregiments 44, 1. Abt. in Essen und – laut eigenen Angaben als Major d. Res. – in der Abt. Kommandeur der Reserve-Flakabteilung 407 hatte er 1942 bis 1943– inzwischen als Oberstleutnant der Reserve – die Stellung als Kommandeur der Versuchsabteilung in der Flakartillerie Schule III in Berlin-Heiligensee inne; es gab also auch in seinem Kriegsdienst einen Bezug zur technischen Forschung.[19] Seine praktische Tätigkeit am Institut ruhte zwischenzeitig offenbar, allerdings nicht gänzlich. So wurde er 1942 anlässlich der 25-Jahrfeier des KWIE ehrenhalber zum Abteilungsdirektor der Physikalischen Abteilung ernannt.[20] Aufschlussreich für die Bewertung der politischen Haltung Wevers sind verschiedene Beurteilungen aus dem Militärdienst. Seine technischen und waffentechnischen Kenntnisse, seine Führungsqualifikationen und seine nationalsozialistische Überzeugung wurden hier herausgestellt. Schon in einer militärischen Beurteilung von 1936 war er als „gefestigt, sehr anständig, bescheiden“ und als „ausgeprägte Führernatur“ beschrieben worden.[21] Weitere Beurteilungen zeichnen ihn als überzeugten Nationalsozialisten. Über Wevers Leistungen als Lehrer an der Flakartillerieschule in Berlin-Heiligensee hieß es 1942: „Er ist als Erzieher seines Offizierskorps und in der Überwachung der Ausbildung erfolgreich tätig. Überzeugter Nationalsozialist, der in der Lage ist, nationalsozialistisches Gedankengut seinen Untergebenen zu vermitteln.“[22] In einer „Kurzen Beurteilung“ über Wevers Rolle als Leiter der Flakartillerieschule wurde Ende 1943 folgende Einschätzung gegeben: „Weit über dem Durchschnitt stehender Offizier vor allem technisch hervorragend begabt und schöpferisch tätig. Sehr tatkräftig und zielklar. Vorbildlich in seiner Pflichtauffassung und seinem Verantwortungsbewußtsein. Rücksichtslos gegen sich selbst, unermüdlich in seinem Bestreben, alle die Schule berührenden Probleme vorwärts zu treiben. Umfassende flakartl. Kenntnisse und Erfahrungen auf allen Gebieten; für alle Fragen interessiert und anregend wirkend. Führt die Flakartillerieschule III straff, sicher und fürsorglich. Ein guter Erzieher seines Offizierskorps. Vorgesetzten gegenüber sehr korrekt, taktvoll und bescheiden in seinem Wesen. Überzeugter Nationalsozialist. Füllt seine Stelle sehr gut aus.“[23] Im August 1944 wurde Wever aus dem Kriegsdienst entlassen, um die Institutsleitung des KWIE zunächst kommissarisch, dann als Direktor zu übernehmen.[24] Wevers Einstellung als Nachfolger des verstorbenen Körbers erfolgte, nachdem er vom Sicherheitsdienst des Reichsführers SS eine positive Beurteilung erhalten hatte, die im Zusammenhang mit einer geplanten Ernennung zum Nachfolger Körbers als RFR-Fachspartenleiter „Eisen und Stahl“ erstellt wurde. Darin wurde er als „fachlich […] äußerst tüchtig bewertet, […] weltanschaulich ohne Fehl, […] für die Menschenführung prädestiniert: Weder in politischer noch in charakterlicher Hinsicht ist Nachteiliges über ihn bekannt“.[25]
Einzelnachweise
→ zum ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis
- ↑ Vgl. Berichte und Mitteilungen der Max-Planck-Gesellschaft, 3/78, S. 13.
- ↑ Vgl. BArch (Berlin), R 4901/13268, Friedrich Körber; Körber, Friedrich (Neue Deutsche Biographie 12); Flachowsky: Alle Arbeit, S. 160f; Flachowsky: Wagenburg, S. 677 f., S. 685 f.; Berichte und Mitteilungen der Max-Planck-Gesellschaft, 5/93, S. 9-11.
- ↑ Hierzu Flachowsky: Alle Arbeit, S. 158 f, S. 161.
- ↑ Dönges: Geschichte, S. 11 f; siehe auch: Flachowsky: Wagenburg, S. 677; Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 690 f.
- ↑ BArch (Berlin), R 4901/13268, Friedrich Körber.
- ↑ Vgl. Mahlke: Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten.
- ↑ Vgl. Wetzel: NSDAP zwischen Öffnung und Mitgliedersperre; Falter: Wer durfte NSDAP-Mitglied werden, S. 20-28, S. 38 f.
- ↑ BArch (Berlin), R 9361 IX/21950202, NSDAP-Aufnahmeantrag, ausgefüllt am 11.06.1937; BArch (Berlin), R 9361 VII KARTEI; BArch (Militärarchiv Freiburg), RL 39/1338, Karteikarte Friedrich Körber; Flachowsky: Wagenburg, S. 685.
- ↑ Vgl. Grüttner: Biographisches Lexikon, S. 95 f.
- ↑ BArch (Militärarchiv Freiburg), RL 39/133, Karteikarte Friedrich Körber.
- ↑ Flachowsky: Wagenburg, S. 685 f.
- ↑ LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946. Siehe auch: Flachowsky: Wagenburg, S. 680 f.; Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 786, S. 1022 f.
- ↑ LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946; Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 786, S. 1022 f.
- ↑ BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Akte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, Düsseldorf, 19.07.1937.
- ↑ LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946.
- ↑ BArch (Berlin), R 4901 SBPR 901/4017091212440.
- ↑ BArch (Berlin), R 9361 IX/48290462, NSDAP-Mitgliederdatei, NSDAP-Gaukartei; LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946; BArch (Berlin), R 4901 SBPR 901/2317091117350, NSLB, Karteikarte Dr. Franz Wever; BArch (Berlin), R 4901 SBPR 901/4017091212440; BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Akte Franz Wever.
- ↑ AMPG, Abt. II, Rep. 67, Nr. 1540/1-3, Schreiben von Wever an General v. Axthelm, 21.05.1944. Siehe auch: LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946.
- ↑ LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever; BArch (Militärarchiv Freiburg,), PERS 6/21885, Akte Franz Wever.
- ↑ BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Fragebogen des Military Government of Germany, Franz Wever, ausgefüllt am 20.12.1946; BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Lebenslauf.
- ↑ BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Akte Franz Wever, Beurteilung, 01.04.1936.
- ↑ BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Beurteilung durch den Kommandeur der Flakartillerieschule III hinsichtlich dienstlicher Leistungen, Führerpersönlichkeit und Stellung im Kameradenkreise, Berlin-Heiligensee, 19.12.1942.
- ↑ BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Höherer Kommandeur der Flakartillerieschulen, Braunschweig, 27.12.1943: Kriegs-Beurteilung zum 01.02.1944.
- ↑ LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Lebenslauf; AMPG, Abt. II, Rep. 67, Nr. 1540/1-3, Schreiben von Vögler an Wever, 30.05.1944; Henning/Kazemi: Handbuch Bd. 1, S. 406.
- ↑ BArch (Berlin), R 26 III/112, Bl. 187-193, Überprüfung der vorhandenen und vorgesehenen Fachspartenleiter und Bevollmächtigten des Reichsforschungsrates, zit. n. Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 1022.