Peter Bardenheuer

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Kindheit und Jugend

Peter Bardenheuer wurde am 8. Mai 1888 in Eschweiler bei Aachen geboren. Zwischen 1895 und 1902 besuchte er die Volksschule und schließlich von 1902 bis 1911 das Gymnasium in Eschweiler.[1]

Studium

Bardenheuer studierte von 1911 bis 1916 an der TH Aachen und hatte ab 1914 eine Assistentenstelle bei Fritz Wüst inne. Zu Wehrdienst oder Einsatz im Ersten Weltkrieg liegen keine Angaben vor. Nachdem Wüst zum ersten Direktor des Die Gründung des KWIEneu gegründeten KWIE ernannt worden war, arbeitete Bardenheuer hier seit 1918 als wissenschaftlicher Mitarbeiter. Dort betrieb er wissenschaftliche Forschung für seine Promotion zum Dr.-Ingenieur, die er 1919 abschließen konnte.[2]

Tätigkeit in der Wirtschaft

Danach wechselte er zunächst in die Wirtschaft. Zwischen 1919 und 1921 leitete er etwa bei der Gutehoffnungshütte in Oberhausen die physikalische Versuchsanstalt. Im Jahr 1921 wechselte er zum dem Metallwerk Basse & Selve in Altena, wo er die Leitung der Material-Prüfanstalt innehatte.[3]

Tätigkeit für das KWIE

Ab 1922 war Bardenheuer wieder für das KWIE in Düsseldorf tätig. Dort hatte er die Position des Abteilungs-Vorstehers der chemischen und metallurgischen Abteilung inne.[4] Anlässlich des 25-jährigen Bestehens des Instituts 1942 wurde er zum Abteilungsdirektor ernannt.[5]

Mitgliedschaft in NS-Organisationen

Bardenheuer wurde 1936 Mitglied in der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV)] und zudem Mitglied im Reichsluftschutzbund (RLB)], dem er bis 1943 angehörte. Hier übernahm er zwischen 1936 und 1937 das Amt eines Blockwarts.[6] Bardenheuer trat mit Wirkung zum 1. Mai 1937, also nach Lockerung der Aufnahmesperre, in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter-Partei (NSDAP) ein, seine Mitgliedschaft dauerte bis zum 30. Juni 1944 an.[7] Als Mitglied des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh), der am 1. Januar 1938 dem Nationalsozialistischen Bund Deutscher Techniker (NSBDT) angeschlossen wurde, wurde Bardenheuer somit auch Mitglied dieses Verbandes. Zum 1. Juni 1938 trat er zudem dem Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) bei, diese Mitgliedschaft bestand bis Ende 1943.[8]

Wehrdienst

Bardenheuer verfügte die gesamte Kriegszeit über eine UK-Stellung („unabkömmlich“), sodass er keinen Wehrdienst leisten musste. Mit einer Reihe von „in der Heimatfront tätigen Institutsangehörigen“ hatte er in den Kriegsjahren das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse verliehen bekommen.[9] Nach eigenen Angaben war er am 11. März 1945 noch für wenige Stunden Mitglied des Volkssturms in Clausthal.[10]

Forschungstätigkeit im Rüstungskontext

Peter Bardenheuer hielt sich ab 1941 mehrfach im besetzten Tschechien und weiterhin in Polen und Frankreich auf. Seinen Angaben zufolge handelte es sich jeweils um mehrtägige Aufenthalte, bei denen er verschiedene Werksbesichtigungen unternahm, etwa bei den Škoda-Werken in Pilsen oder Bessemer-Stahlwerken in Paris und Le Mans.[11] Neben seiner eigentlichen Forschungstätigkeit am KWIE wurde Bardenheuer im Frühjahr 1944 als technischer Berater zu einem streng geheimen Waffenprogramm herangezogen: dem Projekt Hochdruckpumpe bzw. V 3. Dabei handelte es sich um die Entwicklung eines Ferngeschützes, das im „Rahmen der Vergeltung gegen England von der Kanalküste ein fortlaufendes Störungsfeuer auf das Stadtgebiet von Groß-London abgeben und dadurch die Räumung Londons erzwingen“ sollte, so der Wortlaut in internen Papieren der NS-Forschung.[12] Diese „Superkanone“, an der in Deutschland seit 1942 gearbeitet wurde, wurde später zu einer der sogenannten „deutschen Wunderwaffen“ stilisiert. Erste Schießversuche wurden Anfang 1944 in der Heeresversuchsanstalt Hillersleben durchgeführt.[13] Allerdings war es bei der Fertigung von Einzelteilen immer wieder zu Schwierigkeiten gekommen, da bei den von den Röchling’schen Eisen- und Stahlwerken produzierten Rohrzwischenstücken aufgrund von Flockenbildung und Schieferbruch bis zu 70 Prozent Ausschuss entstanden war. Um diesen Ausschuss zu reduzieren, wurde auf Körbers Vorschlag Bardenheuer im März 1944 als Gutachter für die Probleme hinzugezogen.[14] Ihm gelang es in kurzer Zeit, die Ursachen für die Schwierigkeiten festzustellen. Bei Besprechungen mit den Werksleitungen und Betriebsingenieuren der Röchling’schen Eisen- und Stahlwerke und den Mannesmannröhren-Werken veranlasste Bardenheuer eine Umstellung der Fertigung und entwickelte einen Plan, Spezialstähle bei der Produktion der Zwischenstücke zu verwenden.[15]

Kündigung nach Kriegsende

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte eine Entlassungswelle am Institut, die auch führende Wissenschaftler betraf. So erhielten etwa die bisherigen wissenschaftlichen Abteilungsleiter bzw. –direktoren Walter Luyken und Bardenheuer Kündigungen zum 31. Dezember 1945.[16] Bardenheuer befand sich zu diesem Zeitpunkt noch am Institut in Clausthal. Diese Kündigungen hingen nicht mit Arbeitsverboten seitens der Alliierten bzw. der britischen Militärregierung zusammen. So wurde etwa Bardenheuer auf der Grundlage seines zuvor ausgefüllten Fragebogens von der Militärregierung am 9. November 1945 die Weiterbeschäftigung am Institut genehmigt.[17] Wevers umstrittene PersonalpolitikSeine Entlassung wurde mit der finanziell prekären Lage des KWIE begründet. Das ist erstaunlich, da Bardenheuer einer der wichtigsten Wissenschaftler des Instituts war und sogar potenziell für die Übernahme der Institutsleitung in Frage gekommen wäre. Möglicherweise entledigte sich Direktor Franz Wever hier eines Konkurrenten. Ab Februar 1946 war Bardenheuer selbständig als Beratender Ingenieur in Altena tätig.[18]

Entnazifizierung

Obwohl Bardenheuer bereits seit Anfang 1946 in Altena tätig war, wurde er dennoch Ende Oktober 1947 vom Entnazifizierungsausschuss des Kreises Zellerfeld als „Mitläufer“ in die Kategorie IV eingereiht. Die Begründung lautete: „Er war Pg. am 1.5.37 ohne Amt, ausserdem gehörte er noch untergeordneten Gliederungen der Partei an, was für eine Beurteilung ohne Bedeutung ist. Politisch ist B. nie hervorgetreten. Er ist als hilfreicher Mensch bekannt, der das Herz auf dem rechten Fleck hat.“ Vermögens- und Berufsbeschränkungen wurden ihm nicht auferlegt.[19] Parallel dazu wurde ebenfalls der Entnazifizierungsausschuss in Bardenheuers neuer Heimat, Altena, tätig, der ihn dagegen im Juni 1947 in die Kategorie V („Entlastet“) einstufte. Der Ausschuss gab dazu an: „B. ist am 1.5.37 in die Partei eingetreten. Der Ausschuss erklärt ihn aber im übrigen auf Grund der Vorlagen für politisch tragbar.“[20] Der Entnazifizierungsausschuss Altena wendete sich im Januar 1948 mit der Bitte an den Ausschuss in Zellerfeld, den Einreihungsbescheid in die Kategorie IV zurückzuziehen, „da nach Mitteilungen der Militär-Regierung Ueberprüfungen an dem Ort stattzufinden haben, wo sich der Betreffende aufhält. Da Bardenheuer hier in Altena gemeldet seinen Wohnsitz hat, war für die Ueberprüfung der Ausschuss Altena zuständig.“[21] Im Juni 1948 erklärte sich der Entnazifizierungsausschuss in Zellerfeld bereit, den früheren Einreihungsbescheid zurückzuziehen.[22]

Einzelnachweise

  1. Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland (LAV NRW), NW-1092-BG-08-00030, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, „Fragebogen Military Government of Germany, 12.02.1947“. Es befindet sich in der Entnazifizierungsakte kein Hinweis auf die extrem lange Schulzeit Bardenheuers.
  2. Ebd.
  3. Ebd.
  4. Vgl. Ebd. und Dönges, Wilhelm: Geschichte und Entwicklung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Eisenforschung zu Düsseldorf, in: Mitteilungen aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Eisenforschung zu Düsseldorf, Bd. XXV, Düsseldorf 1942, S. 21.
  5. Siehe VDEh, Ac 207, Band 1, Niederschrift über die Kuratoriumssitzung, 20.06.1942.
  6. LAV NRW, NW-1092-BG-08-00030, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, Fragebogen des Military Government, 12.02.1947.
  7. Siehe die bereits genannten Entnazifizierungsakten und weitere Quellen. Bardenheuer war bis 30. Juni 1944 Mitglied.
  8. LAV NRW, NW-1092-BG-08-00030, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, Fragebogen des Military Government, 12.02.1947.
  9. Dönges: Geschichte, S. 25.
  10. NLA HA Nds. 171 Hildesheim Nr. 66084, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, Fragebogen des Military Government, ausgefüllt im September 1945.
  11. LAV NRW, NW 1092-BG-08-30, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, Reisen außerhalb Deutschlands (Anlage zum Fragebogen des Military Government of Germany, 20.02.1947).
  12. BArch (Berlin), R 26 III/67, Übersicht über Vorhaben Hochdruckpumpe (HDP), 20.05.1944.
  13. Vgl. zur V3 Mantelli/Brow/Kittel/Graf: Wunderwaffen. The secret weapons of World War II, Edizioni R.E.I. 2017, S. 98-109.
  14. BArch (Berlin), R 26 III/67, Schreiben des Leiters des Planungsamtes des RFR Osenberg an Körber, 25.03.1944, Übersicht über Vorhaben Hochdruckpumpe (HDP), 20.05.1944.
  15. BArch (Berlin), R 26 III/67, Übersicht über Vorhaben Hochdruckpumpe (HDP), 20.05.1944, Schreiben von Bardenheuer an das OKW (Befehlshaber des Ersatzheeres, 12.05.1944; Vgl. dazu auch: Flachowsky: Wagenburg, S. 686 f.
  16. AMPG, Abt. II, Rep. 66, Nr. 989/5-6, Verschiedene Schreiben.
  17. LAV NRW, NW 1092-BG-08-0030, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, Schreiben des Landrats des Kreises Zellerfeld Sachse an das KWIE, 09.11.1945; NLA HA Nds. 171 Hildesheim Nr. 66084, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, Fragebogen Action Sheet, 08.11.1945. Eintrag vom 17.12.1945: „employment approved“.
  18. LAV NRW, NW 1092-BG-08-0030, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, Fragebogen des Military Government, 12.02.1947. Zur wichtigen Stellung Bardenheuers siehe Hinweise in: AMPG, Abt. II, Rep. 66, Nr. 989/5-6, Verschiedene Schreiben.
  19. NLA, Nds. 171 Hildesheim Nr. 66084, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, „Stellungnahme Deutscher Entnazifizierungs-Ausschuß Kreis Zellerfeld, 28.10.1947“.
  20. LAV NRW, NW 1092-BG-08-0030, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, „Case Summary,03.06.1947“.
  21. LAV NRW, NW 1092-BG-08-0030, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, „Schreiben Entnazifizierungsausschuss Altena an Entnazifizierungsausschuss Altena, 29.01.1948“.
  22. LAV NRW, NW 1092-BG-08-0030, Entnazifizierungsakte Peter Bardenheuer, „Schreiben des Entnazifizierungs-Hauptausschusses Zellerfeld an Entnazifizierungsrat Altena, 04.06.1948“.