Übersicht: Zwangsarbeit am KWIE

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Seit dem 24. August 1942 waren erstmals zwei Belgierinnen als zivile Zwangsarbeiterinnen am KWIE eingesetzt.
Ab Anfang 1943 mussten auch die französischen Zwangsarbeiter Maurice D. und André C. in der Mechanisch-Technologischen Abteilung arbeiten.

Aufgrund des kriegsbedingt wachsenden Arbeitskräftemangels in der deutschen Wirtschaft mussten zwischen 1939 und 1945 insgesamt 14 Millionen Menschen vor allem aus den besetzten Gebieten Zwangsarbeit für das „Großdeutsche Reich“ verrichten. Im Vergleich zu anderen Branchen fiel der Einsatz von Zwangsarbeitern an wissenschaftlichen Institutionen relativ gering aus. Doch wurden auch hier Zwangsarbeiter eingesetzt, auch an zahlreichen Instituten der KWG. Seit Sommer 1942 wurden auch am KWIE ausländische Arbeitskräfte dauerhaft beschäftigt.

Herkunft der Zwangsarbeiter

Das KWIE setzte im August 1942 zunächst zwei zivile Zwangsarbeiterinnen aus Belgien in der Mechanisch-Technologischen Abteilung ein. Seit Anfang 1943 arbeiteten am Institut zusätzlich ein Niederländer, zwei Franzosen sowie vier sowjetische Arbeiterinnen und zwei sowjetische Arbeiter. Es handelte sich offenbar um zivile Zwangsarbeiter. Der „Arbeitseinsatz“ von Kriegsgefangenen am Institut wird in den Institutsakten nicht erwähnt. Über die Situation in den Jahren 1944/45 sind keine Informationen überliefert.

Es sind nur wenige Einzelheiten über die Tätigkeit der ausländischen Arbeitskräfte überliefert. Die meisten von ihnen wurden in der Werkstatt eingesetzt und waren mit handwerklichen Aufgaben bzw. mit Hilfstätigkeiten betraut. Dagegen handelte es sich bei den französischen Zwangsarbeitern offenbar um ausgebildete Laboranten, die am Institut einen höheren Status als die übrigen Zwangsarbeiter besaßen.

Zuweisung und Behandlung von Zwangsarbeitern

Der Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern wurde von Behördenseite nicht erzwungen, vielmehr mussten die Arbeitgeber im Allgemeinen selbst die Initiative ergreifen, um an zusätzliche Arbeitskräfte zu gelangen. Auch das KWIE war darauf angewiesen, sich aktiv um die Zuteilung von Zwangsarbeitern zu bemühen und entsprechende Anträge bei den Arbeitsämtern oder Rüstungsstellen einzureichen. Die Vergütung und die sonstigen Bedingungen des „Arbeitseinsatzes“ wurden je nach Nationalität des jeweiligen Zwangsarbeiters durch zahlreiche Gesetze und Verordnungen unterschiedlich festgelegt. Bei der Gestaltung der Arbeitsbedingungen und der sonstigen Behandlung der ausländischen Arbeitskräfte besaßen die Arbeitgeber vor Ort in der Regel erhebliche Handlungsspielräume. Die genaue Arbeitsbelastung und die Behandlung der Zwangsarbeiter durch Betriebsangehörige des KWIE ist jedoch kaum überliefert. Die Betreuung der Zwangsarbeiter geschah auch beim KWIE durch die betrieblichen Funktionäre der DAF. Es sind keine Berichte über eine besonders schlechte Versorgung, Misshandlungen oder Todesfälle während des „Arbeitseinsatzes“ der Zwangsarbeiter am KWIE nachgewiesen. Die französischen Zwangsarbeiter bescheinigten nach dem Krieg dem DAF-„Betriebsobmann“ Ferdinand Spies auf dessen Bitte, dass dieser die ausländischen Arbeitskräfte zumindest im direkten Arbeitszusammenhang „korrekt“ behandelt habe.

Unterbringung von Zwangsarbeitern

Bezüglich der Unterbringung der Zwangsarbeiter gibt es keine Hinweise darauf, dass das KWIE ein eigenes Lager auf dem Institutsgelände bzw. während des Zwangsarbeitereinsatzes nach der Verlagerung auf dem Gelände der Bergakademie Clausthal unterhielt. Es ist davon auszugehen, dass die Zwangsarbeiter im Lager eines Düsseldorfer Mitgliedsunternehmens des VDEh oder in einem nahegelegenen Gemeinschaftslager untergebracht waren; für Clausthal kommen verschiedene Zwangsarbeiterlager des Sprengstoffwerks Tanne in Frage.

Neben den wenigen längerfristig am Institut beschäftigten Zwangsarbeitern kamen seit 1943 verschiedene Kolonnen von Zwangsarbeitern für Bauarbeiten, zur Trümmerbeseitigung, Bombenentschärfung und bei der Verlagerung nach Clausthal für das KWIE zum Einsatz. Bei der Behebung von Bombenschäden am KWIE wurden etwa mehrfach Kolonnen der Organisation Todt (OT) herangezogen, was auch die Rüstungswichtigkeit des KWIE belegt. Nach dem schweren Luftangriff am 2./3. November 1944 bemühte sich das Institut mit Unterstützung des VDEH außerdem darum, mehrere Kolonnen mit ausländischen Zwangsarbeitern von Düsseldorfer Mitgliedswerken des VDEh zur Schadensbeseitigung zu erhalten. Mit diesem Anliegen war man auch erfolgreich. So nahm im Dezember 1944 eine Kolonne des Werks Poensgen der Deutschen Röhrenwerke AG bestehend aus einem Aufseher, einem Wachmann und zwölf russischen Kriegsgefangenen die Arbeit am KWIE auf. Parallel dazu kam seit Dezember 1944 eine Kolonne aus drei niederländischen und dreizehn französischen „Zivilarbeitern“ zum Einsatz. Diese Kolonne war von der Neusser Firma Schmolz & Bickenbach durch das Rüstungskommando Düsseldorf abgezogen worden und wurde daraufhin Haniel & Lueg zugeteilt. Bevor die Kolonne dort die Arbeit aufnahm, sollte sie zunächst dem KWIE für Aufbauarbeiten zur Verfügung stehen. Zusätzlich war eine Arbeitskolonne der Grafenberger Walzwerk GmbH, wahrscheinlich ebenfalls aus ausländischen Zwangsarbeitern bestehend, mit Reparaturarbeiten am Dach des Hallengebäudes beschäftigt.

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