Übersicht: Das KWIE nach Kriegsende: Unterschied zwischen den Versionen

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[[Datei:Schäden Luftangriff 1943.jpg|thumb|Bei Kriegsende war das Gebäude des KWIE weitgehend zerstört und an einen normalen Betrieb war nicht zu denken.]]
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[[Datei:Wever an beratenden Ausschuss Arbeitserlaubnis.jpg|thumb|Erst im März 1947 erteilte die britischne Militärbebehörden dem KWIE die Genehmigung zur Wiederaufnahme seiner Forschungsarbeit.]]
[[Datei:Wever an beratenden Ausschuss Arbeitserlaubnis.jpg|thumb|Erst im März 1947 erteilten die britischen Militärbehörden dem KWIE die Genehmigung zur Wiederaufnahme seiner Forschungsarbeit.]]
[[Datei:Lange Vorwürfe gegen Wever.jpg|thumb|Wegen der Finanzierungsprobleme wurde die Mitarbeiterzahl des Instituts stark gekürzt. [[Heinrich Lange|Heinrich Lange]] erhob in diesem Kontext gegenüber Direktor [[Franz Wever|Wever]] den Vorwurf, dieser habe unbelastete Mitarbeiter entlassen und überzeugte Nationalsoialisten weiterbeschäftigt zu haben.]]
[[Datei:Lange Vorwürfe gegen Wever.jpg|thumb|Wegen der Finanzierungsprobleme wurde die Mitarbeiterzahl des Instituts stark gekürzt. [[Heinrich Lange|Heinrich Lange]] erhob in diesem Kontext gegenüber Direktor [[Franz Wever|Wever]] den Vorwurf, dieser habe unbelastete Mitarbeiter entlassen und überzeugte Nationalsoialisten weiterbeschäftigt zu haben.]]
[[Datei:Gebäude 1949.jpg|thumb|Erst 1949 waren die Kriegsschäden so gut wie beseitigt und das Institut, das nun Max-Planck-Insitut für Eisenforschung hieß, voll arbeitsfähig.]]
[[Datei:Gebäude 1949.jpg|thumb|Erst 1949 waren die Kriegsschäden so gut wie beseitigt und das Institut, das nun Max-Planck-Insitut für Eisenforschung hieß, voll arbeitsfähig.]]

Version vom 25. Oktober 2020, 18:53 Uhr

Bei Kriegsende war das Gebäude des KWIE weitgehend zerstört und an einen normalen Betrieb war nicht zu denken.
Erst im März 1947 erteilten die britischen Militärbehörden dem KWIE die Genehmigung zur Wiederaufnahme seiner Forschungsarbeit.
Wegen der Finanzierungsprobleme wurde die Mitarbeiterzahl des Instituts stark gekürzt. Heinrich Lange erhob in diesem Kontext gegenüber Direktor Wever den Vorwurf, dieser habe unbelastete Mitarbeiter entlassen und überzeugte Nationalsoialisten weiterbeschäftigt zu haben.
Erst 1949 waren die Kriegsschäden so gut wie beseitigt und das Institut, das nun Max-Planck-Insitut für Eisenforschung hieß, voll arbeitsfähig.

Nachdem die amerikanischen Truppen Mitte April 1945 Clausthal und Düsseldorf eingenommen hatten, verhängten die US-Besatzungsbehörden an beiden Standorten zunächst ein Arbeitsverbot für das KWIE. Die Standorte wurde von alliierten Wissenschaftsmissionen begutachtet und Mitarbeiter befragt. Direktor Franz Wever wurde zudem vom amerikanischen Militär wegen seiner Verstrickung in den Nationalsozialismus verhaftet und blieb bis September 1945 in Kriegsgefangenschaft. Auch sein späterer Nachfolger Willy Oelsen wurde verhaftet. Er war von August 1945 bis April 1946 interniert.

Zusammenarbeit mit den Alliierten und Bemühen um eine Arbeitserlaubnis

Ähnlich wie an anderen Instituten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) begann mit der alliierten Besetzung eine Phase des intensiven Wissenstransfers, der auch die unmittelbare Nachkriegszeit prägte. Zu einer Abwerbung führender Wissenschaftler ins Ausland – wie an anderen Kaiser-Wilhelm-Instituten – kam es am KWIE jedoch nicht. Sowohl die Wissenschaftler der amerikanischen Alsos-Mission als auch die Experten des British Intelligence Objectives Subcommittee (BIOS) schätzten in ihren Berichten das KWIE nicht als besonders rüstungsrelevant ein. Vielmehr sahen sie den wissenschaftlichen Wert in der umfangreichen regulären Eisenhüttenforschung. Das ist vor dem Hintergrund der starken Einbindung in das NS-Rüstungssystem erstaunlich. Als Erklärung hierfür kann das bei den Alliierten vorherrschende Bild des neutralen Wissenschaftlers herangezogen werden. Ein wohlwollend kollegialer Ansatz bei den Interviews, von Wissenschaftler zu Wissenschaftler, versperrte den Blick auf die konkreten Funktionszusammenhänge zwischen Forschung und Rüstung. Das war zumindest bei Forschungseinrichtungen wie dem KWIE möglich, an denen Rüstungsforschung generell nicht unmittelbar zu verstehen war. Die KWIE-Verantwortlichen bedienten das Bild des neutralen Wissenschaftlers. Der Ansatz der Alliierten hatte auch einen ganz pragmatischen Hintergrund. Sie wollten vor dem Hintergrund des beginnenden Kalten Kriegs die Erkenntnisse deutscher Wissenschaft für ihre Forschungen nutzen, wofür eine Zusammenarbeit essentiell war.

Wichtig war die Zusammenarbeit mit den Alliierten auch dabei, eine Arbeitserlaubnis für das Institut zu erhalten. Dieses Thema war ab Sommer 1945 die zentrale Aufgabe der Institutsleitung. Sie bemühte sich bei der britischen Militärregierung um die Erteilung einer Arbeitserlaubnis und signalisierte dabei ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft. Zahlreiche Wissenschaftler des KWIE verfassten Berichte über die Eisenforschung des Instituts für die britischen BIOS-Teams. Bei den Anträgen für eine Arbeitserlaubnis betonten Anton Pomp und der zurückgekehrte Institutsdirektor Wever die Ausrichtung des KWIE auf nicht-militärische Grundlagenforschung. Die Erzabteilung wurde geschlossen. Mitte Dezember 1945 erhielt das KWIE schließlich eine vorläufige Erlaubnis zur Fortführung seiner Arbeiten, jedoch nur für den Standort Clausthal. Mitte März 1946 ordneten die Briten die beschleunigte Rückverlagerung nach Düsseldorf an, am 24. Februar 1947 erhielt das KWIE die Genehmigung zur Wiederaufnahme seiner Forschungsarbeit. Das KWIE wurde hier wesentlich durch Vertreter der britischen Militärregierung unterstützt, die sich für Weiterarbeit und Verlagerung des Instituts einsetzten. Dies verweist darauf, dass die Briten gegenüber der KWG insgesamt eine positive Haltung einnahmen.

Entnazifizierungsverfahren und Personalentwicklung

Im Sommer 1945 begann parallel zu den wissenschaftlichen Untersuchungen der Alliierten und den Bemühungen des KWIE um eine Arbeitserlaubnis eine erste Phase der Entnazifizierung für die Institutsangehörigen. Sowohl Clausthal als auch Düsseldorf befanden sich in der britischen Besatzungszone. Aufgrund ihrer NS-Belastung mussten bis Ende 1945 insgesamt zwölf Mitarbeiter das KWIE verlassen, darunter der spätere Institutsdirektor Willy Oelsen und der stellvertretende DAF-Betriebsobmann Peter Göbbels. Die Institutsleitung und die Verwaltung des KWIE waren von diesen ersten Entnazifizierungsmaßnahmen nicht betroffen. Sowohl Direktor Franz Wever als auch sein Stellvertreter Anton Pomp blieben im Amt.

Da die finanzielle Versorgung des KWIE zusammengebrochen war, nahm die Institutsleitung bis Ende 1945 einen massiven Stellenabbau vor. Die Zahl der Mitarbeiter wurde von rund 200 Mitarbeitern Anfang 1945 auf etwa 40 reduziert werden. Die Kündigungen betrafen durchaus auch führende Wissenschaftler des Instituts wie die Abteilungsdirektoren Walter Luyken und Peter Bardenheuer. Der Personalabbau wurde von vielen Betroffenen massiv kritisiert, die sich mit ihren Beschwerden unter anderem an die Generalverwaltung der KWG wandten. Gerade die Personalie von Direktor Wever stand dabei im Zentrum der Kritik; vor allem wegen seiner NS-Belastung. Die entlassenen Wissenschaftler sahen es dementsprechend als ungerecht an, dass sie ihren Arbeitsplatz verloren hatten, während der überzeugte Nationalsozialist Wever im Amt blieb und von der KWG und dem Verein Deutscher Eisenhüttenleute (VDEh) Rückendeckung erhielt. Im weiteren Verlauf der Entnazifizierungsverfahren wurden die Institutsangehörigen insgesamt milde beurteilt. Die meisten wurden in die Kategorie V als „Entlastete“, nur wenige in die Kategorie IV als „Mitläufer“ eingereiht. Selbst langjährige Mitglieder der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) bzw. der Sturmabteilung (SA) wurden in die Kategorie IV eingeordnet und konnten am Institut verbleiben. Für die milde Beurteilung durch die Entnazifizierungsausschüsse waren positive Leumundszeugnisse, sogenannte „Persilscheine“, von Kollegen, Bekannten, Geistlichen usw. ausschlaggebend. Auch hier spielte das Bild des „neutralen Wissenschaftlers“ eine wichtige Rolle.

Wiederaufbau des Instituts in Düsseldorf

Seit Anfang 1946 wurde schrittweise mit dem Wiederaufbau des Institutsgebäudes in Düsseldorf begonnen, wobei das KWIE finanzielle Hilfen durch den VDEh und die KWG erhielt. Da seit Juni 1946 Baugenehmigungen erteilt wurden und das KWIE Baustoffzuteilungen erhielt, konnte der Wiederaufbau nun in beschleunigtem Tempo durchgeführt werden. Ende Februar 1948 wurde die Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., die MPG, gegründet. Das KWIE gehörte dabei zu den Gründerinstituten der MPG. Im Herbst 1948 wurde das KWIE schließlich in Max-Planck-Institut für Eisenforschung umbenannt und erhielt im Februar 1949 eine neue Satzung. Der Kalte Krieg hatte begonnen und veränderte auch die Wissenschaftspolitik der Westalliierten. Stabilität und Leistungsfähigkeit der westdeutschen Wissenschaft wurden immer wichtiger. Das Ziel der Erhaltung und Förderung der deutschen Wissenschaftsinstitutionen wirkte zugleich einer durchgreifenden Entnazifizierung und der Entfernung früherer Nationalsozialisten aus führenden Wissenschaftsfunktionen entgegen. Ein Großteil der aufgrund ihrer politischen Belastung entlassenen Mitarbeiter wurde ab 1947 wieder am Institut angestellt, so auch der ab 1959 amtierende Direktor Willy Oelsen. Die Personalpolitik spricht dafür, dass Wever frühere NSDAP-Parteimitglieder, die zunächst als politisch belastet beurteilt wurden, systematisch an das Institut zurückholte und zum Teil auch neu einstellte. Währenddessen wurden bedeutende Wissenschaftler wie Bardenheuer oder auch Heyes, die 1945 von Wever und Pomp entlassen worden waren, nicht mehr zurück ans Institut geholt. Insgesamt wies das führende Personal des KWIE starke Kontinuitäten zur NS-Zeit auf. Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle in der NS-Zeit kam es am MPIE in den folgenden Jahrzehnten nicht. Die Kriegs- und Rüstungswichtigkeit des KWIE während der Jahre 1933 bis 1945, das hohe Ausmaß der Integration in das NS-System und die Rolle führender Persönlichkeiten wie Körber oder Wever wurde nicht reflektiert. Eine kritische Distanz zur Geschichte des Instituts vor 1945 und zum Führungspersonal während der NS-Zeit gab es nicht. Dieser Umgang entsprach einer Politik der Vergangenheitsverdrängung, die mindestens bis in die 1980er Jahre in der Max-Planck-Gesellschaft insgesamt praktiziert wurde und die in Deutschland auch gesamtgesellschaftlich lange Zeit vorgeherrscht hat.

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