Backsteinexpressionismus

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Luftaufnahme mit dem KWIE-Hauptgebäude von 1935.

Der Backsteinexpressionismus war ein Architekturstil, der in den 1920er-Jahren entstand und insbesondere im norddeutschen Raum sowie im Rheinland und Ruhrgebiet vorkam. Für diesen Architekturstil charakteristisch war die Verwendung von Ziegelsteinen in den „Farbabstufungen von rot bis violett“.[1]

Stil

Neben ästhetischen Gesichtspunkten überzeugte das Baumaterial insofern, als es den Witterungseinflüssen länger Widerstand leisten konnte und gegenüber Säureeinflüssen weniger anfällig war. Es konnte Kombinationen mit anderen Baumaterialien eingehen und behielt „seine Farbe auch in den Industriestädten“, zumal es durch den „Einfluß von Rauch noch hübscher im Ton“ wurde.[2] Man sprach in diesem Zusammenhang von der „Patina der Industrie“.[3] Der Ziegelstein in der Architektur war jedoch nicht allein auf Industriebauwerke beschränkt. Er wurde auch im Gewerbe- sowie Wohnungsbau verwendet.[4]

Vorkommen

In norddeutschen Hansestädten waren Ziegelsteine bereits im Mittelalter das bevorzugte Baumaterial. In den 1920er-Jahren entstanden Bauten, die Ziegelsteine als Baumaterial erneut aufgriffen. In Hamburg entstand das Chilehaus und in der Bremer Altstadt die Böttcherstraße.[5] Im Ruhrgebiet fand der Backsteinexpressionismus ebenfalls Verwendung. Beispiele bilden etwa das Rathaus von Oberhausen, das Hansa-Haus in Herne oder das „Tausendfensterhaus“, das Heinrich Blecken in Duisburg-Meiderich entwarf.[6] In Gelsenkirchen stehen heute noch zwanzig Bauwerke, die dem Architekturstil zuzuordnen sind und sich hauptsächlich in der Altstadt sowie in Buer befinden.[7] Im Rheinland kommt der Backsteinexpressionismus beispielsweise im 85 m hohen Kölner Messeturm und in zahlreichen Bauwerken in Düsseldorf vor. Zwischen 1922 und 1924 erbaute Paul Bonatz etwa das Stummhaus.[8] Das prominenteste Gebäude des Backsteinexpressionismus in Düsseldorf ist die Tonhalle, die wie auch die ganzen umliegenden Gebäude (Ehrenhof und Rheinterrassen) im Rahmen der Ausstellung „Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen“ im Jahr 1926 entstand.[9]

Das KWIE und der Backsteinexpressionismus

Das in den 1920er Jahren geplante und in den 1930er Jahren gebaute Institutsgebäude ist ebenfalls ein Beispiel für den Backsteinexpressionismus in Düsseldorf. Das in Stahlskelettbauweise errichtete Hauptgebäude mit anschließendem Seitenflügel entsprach durch seine kubische Gestaltung, die horizontalen Fensterbänder und die Ausstattung mit Stahlrohrmöbeln dem Bauhausstil und damit der klassischen Moderne in Deutschland.[10] Um in einfachster Flächenbehandlung eine möglichst monumentale Wirkung zu erzielen, wurden die Straßenfronten mit scharf gebrannten Ziegelsteinen verblendet.[11]

Einzelnachweise

zum ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis

  1. Stadt Gelsenkirchen, Stadtprofile Gelsenkirchen: Backstein-Expressionismus, 4. Aufl., Gelsenkirchen 2010, S. 3.
  2. H. Rescher, Backsteinarchitektur der 1920er Jahre in Düsseldorf, Bonn 2001, S. 36.
  3. K. W. Schultze, Der Ziegelbau. Architektur der Gegenwart, IV, Stuttgart 1927, S. 66.
  4. Vgl. H. Rescher, Backsteinarchitektur der 1920er Jahre in Düsseldorf, Bonn 2001, S. 215–229.
  5. Vgl. Stadt Gelsenkirchen, Stadtprofile Gelsenkirchen: Backstein-Expressionismus, 4. Aufl., Gelsenkirchen 2010, S. 4.
  6. Schlüter, Brigitte Ingeborg: Verwaltungsbauten der Rheinisch-Westfälischen Stahlindustrie 1900-1930 (Diss.), Bonn 1991, S. 300-319; Haustein, Sabine: Laar – Ruhrort, in: ag arch ruhrgebiet, Stadt Duisburg (Hrsg.): Architektur in Duisburg, Duisburg 1994, S. 72 f.
  7. Vgl. Stadt Gelsenkirchen, Stadtprofile Gelsenkirchen: Backstein-Expressionismus, 4. Aufl., Gelsenkirchen 2010, S. 30 f.
  8. Ebd., S. 21.
  9. Vgl. J. Wiener (Hrsg.), Die Gesolei und die Düsseldorfer Architektur der 20er Jahre, Köln 2001.
  10. Flachowsky, Sören: Das Max-Planck-Institut für Eisenforschung Düsseldorf; in: Gruss, Peter; Rürup, Reinhard (Hrsg.): Denkorte. Max-Planck-Gesellschaft und Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft: Brüche und Kontinuitäten 1911-2011, Dresden 2010, S. 128-135, S. 130.
  11. Körber: Neubau des KWIE, S.261; „Eisen-Institut ist nun ein Denkmal“, in: Rheinbote, 01.06.1994.