NS-Symbolik und NS-Rituale im Institutsalltag

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Der Betriebsjugendsport für die Lehrlinge des Instituts begann mit einem Flaggenappell auf dem Sportplatz.
Auch in den Arbeitsalltag am KWIE hielt die nationalsozialistische Symbolik Eingang. Die Metallographische Abteilung fertigte Aufnahmen von Ätzproben mit Hakenkreuzen an, August 1942.

Ab 1933 fanden zunehmend NS-spezifische Rituale und Symboliken Eingang in den Alltag vieler deutscher Betriebe und Institutionen. Dies war ebenfalls bei den Forschungsinstituten der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) der Fall, so auch am KWIE. Wichtige Anstöße hierzu kamen von der KWG-Generalverwaltung, dem Reichserziehungsministerium sowie von der Deutschen Arbeitsfront (DAF).

Die Haltung der KWG-Generalverwaltung

Die KWG-Generalverwaltung hatte sich schon frühzeitig und ohne Zögern der Symbolpolitik der NS-Führung unterworfen. Schon anlässlich des „Tags von Potsdam“ am 21. März 1933 hatte Friedrich Glum, der Generaldirektor der KWG, die Direktoren der Institute ersucht, neben der schwarz-weiß-roten Fahne, die bereits die schwarz-rot-goldene der Weimarer Republik ersetzt hatte, die Hakenkreuzfahne zu hissen. Im Zusammenhang mit dem Reichsflaggengesetz von 1935 wurden die Institute ferner angewiesen, dass der Hakenkreuzflagge als neuer Reichsflagge grundsätzlich die erste Stelle bei Beflaggung der Masten auf den Dächern der Institute einzuräumen sei. Bei allen nationalen Gedenk- und Feiertagen, allen offiziellen Gelegenheiten sollte die Hakenkreuzfahne gezeigt werden, nicht mehr die Gesellschaftsfahne der KWG.[1] Eben diese Regelung teilte die KWG 1935 Friedrich Körber mit, als dieser sich wegen der korrekten Beflaggung zur Einweihungsfeier des Institutsneubaus erkundigte.[2]

Der Einfluss der DAF

Unter dem Einfluss der DAF wurden außerdem regelmäßige Betriebsappelle am KWIE eingeführt. Die DAF drängte generell darauf, bestimmte Betriebsappelle einzuführen, um die Werkverbundenheit und Disziplin der Beschäftigten zu fördern und zu demonstrieren. Zunächst waren sogar tägliche Appelle vorgesehen. Ende 1934 erklärte die DAF, dass in Mittel- und Großbetrieben ein monatlicher Appell ausreichen sollte. Sowohl in der Form als auch in der praktischen Durchführung knüpfte der Appell an militärische Vorbilder an. Dazu gehörten unter anderem das Antreten der Beschäftigten etwa in militärischer Formation, die Flaggenparade und die Ansprache des „Betriebsführers“ oder eines anderen Betriebsfunktionärs.[3]

In der Eisen- und Stahlindustrie wurden die Appelle überwiegend nur zu besonderen Anlässen abgehalten. Ein wichtiges Element war auch die bei den Betriebsappellen aufgehobene Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten. Dies sollte auch bei festlichen Betriebsveranstaltungen, Werksbesichtigungen hoher NS-Funktionäre oder zur Eröffnung von bestimmten DAF-Initiativen wie zum Beispiel dem jährlichen Reichsberufswettkampf (RBWK) deutlich werden.[4] Überliefert sind Betriebsappelle beim KWIE beispielsweise anlässlich des Todes von Gustav Thanheiser 1941, des 25-jährigen Jubiläums des Instituts 1942 oder des Dienstantritts von Franz Wever als neuem Institutsdirektor im Jahr 1944.[5] Aus dem historischen Fotomaterial ist weiterhin ersichtlich, dass im Rahmen des Betriebssports Appelle durchgeführt wurden. So zeigt eine Fotografie um 1940 die versammelten Institutsmitarbeiter beim Flaggenappell mit Hitlergruß an den „Betriebsführer“.[6]

Die Auszubildenden des KWIE mussten dagegen mehrfach wöchentlich unter Führung der DAF-Funktionäre zum Appell antreten. Jeden Montagmorgen zu Beginn der Arbeitszeit wurde ein Betriebsjugendappell abgehalten, an dem der Wochenleitspruch verkündet wurde. Außerdem wurde der Betriebsjugendsport einmal wöchentlich an zwei Nachmittagsstunden in der Arbeitszeit durchgeführt. Am Beginn des Betriebsjugendsports stand das Flaggenhissen auf dem Sportplatz. Der Flaggenappell, bei dem der Hitlergruß gezeigt wurde, und die sportlichen Übungen fanden unter Leitung des Betriebsjugendwalters statt. Eine eigens vom KWIE angemietete Schießssportanlage wurde für die vormilitärische Ausbildung der Auszubildenden genutzt. Außerdem erhielten die KWIE-Auszubildenden wöchentlich weltanschauliche Schulungen der DAF, ebenfalls durch den Betriebsjugendwalter. Fotos von 1941 zeigen Lehrlinge des KWIE in einem Schulungsraum des Instituts vor dem Logo der DAF. Die Bildunterschrift lautet „Schulungsraum. Der Betriebsjugendwalter bei der weltanschaulichen Schulung“.[7] Das Auszubildendenwesen stand generell unter besonders hohem Einfluss der DAF, sodass die Indoktrination der Auszubildenden mit nationalsozialistischem Gedankengut auch am KWIE erheblich war.[8]

Einzelnachweise

zum ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis

  1. Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 1, S. 445 f.
  2. AMPG, Abt. I, Rep. 16, Nr. 35, Schreiben von Telschow an Körber, 01.11.1935.
  3. Frese: Betriebspolitik im Dritten Reich, S. 267-269.
  4. Frese: Betriebspolitik im Dritten Reich, S. 267-269.
  5. MPIE, 7-0-00, Gedächtnisrede von P. Bardenheuer beim Betriebsappell, 18.03.1941; MPIE, 24-0-01-1, 22. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eisenforschungsinstitut, September 1944; VDEh, Ac 201, Band III, Ansprache von Professor Körber zum Betriebsappell, 19.06.1942.
  6. AMPG, R 1-9, Bericht und Bilder, Flaggenappell und Meldung an den Betriebsführer.
  7. AMPG, R 57, Bericht und Bilder, Institutsleben in den Jahren 1935-1945, Bericht Lehrlingsausbildung, 1941.
  8. Frese: Nationalsozialistische Vertrauensräte, S. 292; Frese: Betriebspolitik im Dritten Reich, S. 258-332.