Franz Wever: Unterschied zwischen den Versionen

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Eine personelle Zäsur brachte nach der Emeritierung Wevers 1959 die Übernahme der MPIE-Institutsleitung durch Willy Oelsen, der das Institut bis zu seinem Tod 1970 führte.<ref>Flachowsky: Wagenburg, S. 696. Berichte und Mitteilungen der Max-Planck-Gesellschaft 5/93, S. 10.</ref> Einen klaren personellen Bruch gegenüber dem „Dritten Reich“ und der Nachkriegszeit bedeutete diese Stellenbesetzung jedoch nicht.
Eine personelle Zäsur brachte nach der Emeritierung Wevers 1959 die Übernahme der MPIE-Institutsleitung durch Willy Oelsen, der das Institut bis zu seinem Tod 1970 führte.<ref>Flachowsky: Wagenburg, S. 696. Berichte und Mitteilungen der Max-Planck-Gesellschaft 5/93, S. 10.</ref> Einen klaren personellen Bruch gegenüber dem „Dritten Reich“ und der Nachkriegszeit bedeutete diese Stellenbesetzung jedoch nicht.
Der frühere Institutsleiter Wever war und blieb am MPIE und innerhalb der MPG ein anerkannter Wissenschaftler und eine hochangesehene Führungspersönlichkeit, der man den Erhalt und Wiederaufbau des Institutsnach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und die Neuausrichtung im internationalen Kontext verdankte. Wevers persönliches Renommee ging über die MPG hinaus. Er erhielt für seinen Einsatz für öffentliche Belange das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.<ref>Vgl. Oelsen: Festvortrag, S. 928; Engell: Ansprache; Lüst: Ansprache.</ref>
Der frühere Institutsleiter Wever war und blieb am MPIE und innerhalb der MPG ein anerkannter Wissenschaftler und eine hochangesehene Führungspersönlichkeit, der man den Erhalt und Wiederaufbau des Instituts nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und die Neuausrichtung im internationalen Kontext verdankte. Wevers persönliches Renommee ging über die MPG hinaus. Er erhielt für seinen Einsatz für öffentliche Belange das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.<ref>Vgl. Oelsen: Festvortrag, S. 928; Engell: Ansprache; Lüst: Ansprache.</ref>


==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==

Version vom 29. November 2020, 18:56 Uhr

Franz Wever (1892-1984) übernahm nach dem Tod Friedrich Körbers im Jahr 1944 die Leitung des Instituts und behielt den Posten bis zu seiner Emeritierung 1959.
Wever (2. von rechts) und eine Gruppe von Mitarbeitern des KWIE vor einer technischen Anlage im alten Institutsgebäude.

Kindheit und Jugend

Franz Wilhelm Otto Gerhard Wever wurde am 2. September 1892 in Elberfeld geboren. Nach Schulbesuchen in Hannover und Bromberg wechselte er zwischen 1908 und 1911 auf die Oberrealschule in Posen, die er mit dem Reifezeugnis abschloss. Anschließend nahm er ein Mathematik- und Physik-Studium in Berlin auf, wechselte aber 1912 an die Universität in Göttingen.[1]

Studium und Teilnahme am Ersten Weltkrieg

Wevers Studium wurde durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen, an dem er als Soldat teilnahm. Er war zuletzt Leutnant der Reserve und erhielt mehrere Kriegsauszeichnungen, unter anderem das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse. Nach Kriegsende setzte Wever sein Studium fort, welches er im Jahr 1920 mit seiner Promotion abschloss. Am KWIE war Wever ab 1920 als Assistent und dann ab 1921/22 unter seinem Vorgesetzten Friedrich Körber als Leiter der Physikalischen Abteilung tätig. Seit 1925 lehrte der inzwischen habilitierte Wever außerdem als Privatdozent an der Universität Köln, seit 1930 als Außerordentlicher Professor für Angewandte Physik und Physik der Metalle an der Universität Bonn.[2] Laut Rüdiger Hachtmann war Wever seit 1920 wissenschaftlicher Assistent, ab 1923 Abteilungsleiter am KWIE sowie von 1930 bis 1944 Außerplanmäßiger Professor an der Universität Köln. In den Entnazifizierungsunterlagen wird dagegen 1921/1922 für die Übernahme der Abteilungsleitung angegeben.[3]

Mitgliedschaft in NS-Organisationen

Wever war vor 1933 kein Mitglied einer politischen Partei, des Stahlhelms oder sonstiger Wehrverbände gewesen.[4] Bei der Novemberwahl 1932 hatte er nach eigenen Angaben die Deutsche Volkspartei (DVP) gewählt, im März 1933 dann die NSDAP.[5] Er war der NSDAP zum 1. Mai 1933 beigetreten, nachdem er am 1. April 1933 schon SA-Mitglied geworden war, nach eigenen Angaben gemeinsam mit großen Teilen des Düsseldorfer Yachtclubs. Er erlangte in der sogenannten „Marine-SA“ den Rang eines Sturmführers, laut eigenen Angaben ohne Amt und dienstliche Tätigkeit. Aus einem zeitgenössischen Schreiben geht allerdings hervor, dass er Stabsmitglied war. Hier lautete die Bezeichnung seines Amtes „Gaufachschaftsleiter im Amte für Erzieher, Gau Düsseldorf; z. Zt. Truppf. und Sachbearb. Ib beim Stabe der SA-Marinestandarte 21“.[6] Am 10. August 1933 trat Wever in den Hochschulverband des Nationalsozialistischen Lehrerbundes (NSLB) ein. Hier übernahm er eine Führungsfunktion als NSLB-Gaufachschaftsleiter. Er gehörte außerdem einigen weiteren NS-Verbänden an: NSBO/DAF, NSDoB, NSFK, NSV, NSBDT, NS-RB-Leibesübungen.[7]

Es ist zu vermuten, dass Wever der NSDAP und den anderen Parteigliederungen sowie -verbänden sowohl aus Karrieregründen als auch aus politischer Begeisterung beitrat. Die Partei- und weitere Mitgliedschaften lassen vermuten, dass er sich stark in das neue Regime integrierte und zu einem überzeugten Nationalsozialisten entwickelte.

Erneuter Wehrdienst im Nationalsozialismus

Wever war kriegsbegeisterter Nationalist. Seit 1936 hatte er mehrfach an militärischen Übungen teilgenommen, als Reserveoffizier verschiedener Flakregimenter der Luftwaffe. 1939 erfolgte die freiwillige Meldung zum Wehrdienst, inzwischen als Hauptmann der Reserve. In einem späteren Schreiben gab er dazu folgendes an: „Das KWIE […] hat sich 1939 meinem persönlichen Wunsch gefügt, dass ich im Kriege lieber Soldat als Gelehrter sein wollte.“[8] Er erlangte innerhalb der Luftwaffe hohe Stellungen und erhielt verschiedene militärische Auszeichnungen. Unter anderem war er 1943 bis 1944 Kommandeur der Flakartillerie Schule III in Berlin-Heiligensee.[9] Nach vorhergehendem Einsatz als Batteriechef innerhalb des Flakregiment 44, 1. Abt. in Essen und in der Abt. Kommandeur der Reserve-Flakabteilung 407 – laut eigenen Angaben als Major d. Res. – hatte er 1942 bis 1943 – inzwischen als Oberstleutnant der Reserve – die Stellung als Kommandeur der Versuchsabteilung in der Flakartillerie Schule III in Berlin-Heiligensee inne. Es gab also auch in seinem Kriegsdienst einen Bezug zur technischen Forschung. Seine praktische Tätigkeit am Institut ruhte zwischenzeitig offenbar, allerdings nicht gänzlich. So wurde er 1942 anlässlich der 25-Jahrfeier des KWIE ehrenhalber zum Abteilungsdirektor der Physikalischen Abteilung ernannt.[10]

Aufschlussreich für die Bewertung der politischen Haltung Wevers sind verschiedene Beurteilungen aus dem Militärdienst. Seine technischen und waffentechnischen Kenntnisse, seine Führungsqualifikationen und seine nationalsozialistische Überzeugung wurden hier herausgestellt. Schon in einer militärischen Beurteilung von 1936 war er als „gefestigt, sehr anständig, bescheiden“ und als „ausgeprägte Führernatur“ beschrieben worden.[11] Weitere Beurteilungen zeichnen ihn als überzeugten Nationalsozialisten. Über Wevers Leistungen als Lehrer an der Flakartillerieschule in Berlin-Heiligensee hieß es 1942: „Er ist als Erzieher seines Offizierskorps und in der Überwachung der Ausbildung erfolgreich tätig. Überzeugter Nationalsozialist, der in der Lage ist, nationalsozialistisches Gedankengut seinen Untergebenen zu vermitteln.“[12] In einer „Kurzen Beurteilung“ über Wevers Rolle als Leiter der Flakartillerieschule wurde Ende 1943 folgende Einschätzung gegeben: „Weit über dem Durchschnitt stehender Offizier vor allem technisch hervorragend begabt und schöpferisch tätig. Sehr tatkräftig und zielklar. Vorbildlich in seiner Pflichtauffassung und seinem Verantwortungsbewußtsein. Rücksichtslos gegen sich selbst, unermüdlich in seinem Bestreben, alle die Schule berührenden Probleme vorwärts zu treiben. Umfassende flakartl. Kenntnisse und Erfahrungen auf allen Gebieten; für alle Fragen interessiert und anregend wirkend. Führt die Flakartillerieschule III straff, sicher und fürsorglich. Ein guter Erzieher seines Offizierskorps. Vorgesetzten gegenüber sehr korrekt, taktvoll und bescheiden in seinem Wesen. Überzeugter Nationalsozialist. Füllt seine Stelle sehr gut aus.“[13]

Übernahme der Institutsleitung nach dem Tod Friedrich Körbers 1944

Im August 1944 wurde Wever aus dem Kriegsdienst entlassen, um die Institutsleitung des KWIE zunächst kommissarisch, dann als Direktor zu übernehmen.[14] Wevers Einstellung als Nachfolger des verstorbenen Körbers erfolgte, nachdem er im Zusammenhang mit einer geplanten Ernennung zum Nachfolger Körbers als RFR-Fachspartenleiter „Eisen und Stahl“ vom Sicherheitsdienst des Reichsführers SS eine positive Beurteilung erhalten hatte. Darin wurde er als „fachlich […] äußerst tüchtig bewertet, […] weltanschaulich ohne Fehl, […] für die Menschenführung prädestiniert: Weder in politischer noch in charakterlicher Hinsicht ist Nachteiliges über ihn bekannt“.[15]

Verhaftung gegen Kriegsende

In der Nacht zum 13. April 1945 konnten die amerikanischen Truppen Clausthal widerstandslos einnehmen.[16] Nur zwei Tage später, am 15. April, wurde Institutsdirektor Franz Wever vom amerikanischen Militär verhaftet und befragt. Er wurde zum Kriegsgefangenen erklärt und bis Anfang September 1945 in einem amerikanischen Lager in Frankreich interniert.[17] Grund für die Verhaftung war, dass die Amerikaner Hinweise darauf erhalten hatten, „that he was an ardent Nazi of possible importance“ – dass es sich bei Wever also um einen leidenschaftlichen Nationalsozialisten von möglicher Bedeutung gehandelt habe.[18] Später wurde ein Entnazifizierungsverfahren eingeleitet.[19] Die Institutsleitung in Clausthal übernahm in der Zwischenzeit Anton Pomp als stellvertretender Direktor. In Düsseldorf, wo nur wenige Mitarbeiter nach der Verlagerung nach Clausthal geblieben waren, behielt Werner Lueg weiterhin die Leitung.[20]

Rückkehr an die Institutsspitze

Bis zur Rückkehr Wevers aus der Kriegsgefangenschaft im September 1945 führte Pomp stellvertretend die Institutsgeschäfte, danach übernahm Wever wieder nahtlos die Direktorenposition. Es gibt keinen Hinweis, dass er nach der Gefangennahme im April 1945 und der folgenden Internierung im Laufe des Jahres 1945 nochmals politischen Befragungen durch die britische Militärregierung unterzogen wurde. Unterlagen zu einem in Clausthal durchgeführten Entnazifizierungsverfahren sind ebenfalls nicht überliefert, allerdings füllte er noch im November 1945 einen Fragebogen der britischen Militärregierung aus.[21] In diesem Zusammenhang gab der aus Wilhelm Fischer, Paul Gralke und Alfred Ahland zusammengesetzte KWIE-Betriebsrat eine Stellungnahme ab, die sich deutlich für den Verbleib Wevers an der Institutsspitze einsetzte. Der Betriebsrat richtete hier einen direkten Appell an die Militärregierung. So hieß es in der Stellungnahme: „Als Mitglieder eines wissenschaftlichen Instituts im Rahmen der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften haben wir die Hoffnung und das Vertrauen zur Militärregierung, daß diese unsere Arbeit als eine friedlichen Zwecken dienende anerkannt, wie dies ja auch in der satzungsmäßig generellen Forderung der Veröffentlichungspflicht sämtlicher Forschungsarbeiten des Instituts zum Ausdruck kommt. Im Rahmen dieser Arbeit nimmt das wissenschaftliche Werk von Professor Wever eine bedeutende Rolle ein.“[22] Vor diesem Hintergrund verwies der Betriebsrat darauf, dass die Weiterbeschäftigung Wevers als KWIE-Direktor im Sinne aller Fachkollegen im In- und Ausland und sein Wirken maßgeblich zu einem fördernden und friedlichen Zwecke der Wissenschaft notwendig sei. Ferner wurden Wevers „Beliebtheit“ und ihm innewohnende „Tugenden“ wie Gerechtigkeit betont. Zur politischen Haltung oder Belastung wurde hingegen nichts gesagt.[23]

Im Namen des KWIE-Kuratoriums sprachen sich Otto Petersen, Ernst Telschow und Max Planck zugunsten Wevers aus und behaupteten, dass dieser weder im Institut noch außerhalb politisch aktiv gewesen sei. Es wurde auf seine über hundert veröffentlichten Werke verwiesen und seine Unersetzbarkeit für den Erfolg des Instituts herausgestellt.[24] Das zentrale Argument war ganz offenbar der Nutzen Wevers für die Kontinuität der Eisenforschung und der Institution KWIE. Wever blieb weiterhin in seiner bisherigen Position. Dabei nahm er einen umfangreichen Stellenabbau vor, der bei einigen Betroffenen massive Kritik an seiner Person hervorrief. In diesem Zusammenhang wurde auch Wevers Verhältnis zum Nationalsozialismus thematisiert.

Entnazifizierungsverfahren

Im Zuge der Entnazifizierung am KWIE wurden die Mitglieder der wissenschaftlichen Leitung und der Verwaltungsspitze des KWIE weitestgehend entlastet und konnten in ihren Positionen verbleiben. Ein Beispiel dafür ist das Entnazifizierungsverfahren von Wever, das um den Jahreswechsel 1946/47 in Düsseldorf eingeleitet worden war. Wever betonte während des Verfahrens, dass er zwar Mitglied der NSDAP und SA gewesen sei und Wehrdienst geleistet habe, jedoch ohne aktive politische Rolle.[25] Er legte im Zuge seines Entnazifizierungsprozesses eine beachtliche Anzahl an Leumundszeugnissen aus dem Umkreis von KWIE und KWG sowie seinem privaten Umfeld vor.[26] Im Oktober 1947 wurde Wever schließlich in Kategorie IV, also als „Mitläufer“, eingestuft. Er durfte seine Stellung als Direktor des KWIE behalten und erhielt keine Vermögenssperre.[27] Damit gehörte Wever zu der Mehrzahl der KWG-Direktoren, die durch das Entnazifizierungsverfahren keine ernsthaften Schwierigkeiten bekamen. Interessant ist in diesem Zusammenhang der Vergleich zu Werner Köster. Köster leitete während und nach der NS-Zeit das KWI für Metallforschung. In seinem Fall weigerte sich das Denazification board der US-Militärregierung 1947 zunächst eine Einstufung als „Mitläufer“ anzuerkennen, da man entgegen Kösters irreführender Darstellung eine enge Verbindung zur deutschen Kriegsmaschinerie vermutete. Erst in einem zweiten Verfahren wurde Köster entnazifiziert und das zuvor erlassene Berufsverbot aufgehoben. Köster war einer der wenigen KWI-Direktoren gewesen, für die sich im Entnazifizierungsverfahren zeitweise ernsthafte Schwierigkeiten ergaben.[28]

Auch im Falle Wevers und Pomps verfehlten die skizzierten Entlastungsstrategien ihre Wirkung nicht. So empfahl der für die Entnazifizierung zuständige Hauptausschuss in Düsseldorf im Februar 1947, Wever in der jetzigen Stellung zu belassen. „Bei der vorliegenden Parteibelastung“ sei eigentlich „Entlassung aus dem Amte vorgeschrieben“, jedoch wurde mildernd Wevers Rolle als Wissenschaftler berücksichtigt: „Herr Wever ist Wissenschaftler. Seine ganze Einstellung ist aus diesem Gesichtspunkt heraus zu bewerten. Ein hervorstechender Charakterzug von ihm ist seine absolute Korrektheit. Durch seine Sachlichkeit und sein von jedem Überschwang freies Wesen erfreute er sich überall dort wo er tätig war, einer gewissen Beliebtheit.“[29] Diese Bewertung basierte auf einer Einschätzung der untergeordneten Entnazifizierungs-Kommission Verwaltungsamt für Stahl und Eisen. Dass die genannte Kommission neutral über die politische Belastung Wevers geurteilt hatte, kann schon deshalb angezweifelt werden, weil das zuständige Verwaltungsamt für Stahl und Eisen 1946 vom VDEh abgetrennt worden war und daher eng mit dem VDEh assoziiert war.

Gerade bei Wever kann aus heutiger Sicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei ihm um mehr als nur ein nominelles Parteimitglied gehandelt hatte. Außerdem trug er in seiner Funktion an der Spitze eines kriegs- bzw. rüstungswichtigen Institutes zur Kriegsverlängerung bei. Es erstaunt aus heutiger Sicht, dass gerade Wever als neutraler Wissenschaftler dargestellt und dieses Bild von den Alliierten akzeptiert wurde.

Vorwurf der Beteiligung an der Verhaftung der Institutsmitarbeiterin Rosel Eckholt

Noch im Februar 1945 wurde die Angestellte des KWIE Rosel Eckholt wegen defätistischer Äußerungen bei der Gestapo angezeigt, woraufhin diese verhaftet wurde. „Treibende Kräfte“ zu dieser Anzeige seien Willy Oelsen und Peter Göbbels, die Vorgesetzten der betroffenen Rosel Eckholt, sowie Institutsleiter Franz Wever gewesen.[30] Dieser Tatbestand wurde im September 1948 von Karl Schönfelder von der Bergakademie Clausthal unter Nennung verschiedener Zeugen beim Zellerfelder Entnazifizierungsausschuss vorgebracht. Daraufhin erstattete der Öffentliche Kläger beim Entnazifizierungshauptausschuss des Landkreises Zellerfeld am 26. November 1948 Strafanzeige gegen Oelsen und den ehemaligen stellvertretenden Betriebsobmann Peter Göbbels. Der Fall wurde für weitere Ermittlungen an die Oberstaatsanwaltschaft Göttingen weitergegeben.[31] Schönfelders Angaben zufolge sei die Verhaftung Eckholts auf eine Anzeige Wevers hin erfolgt, „treibende Kräfte zu dieser Anzeige waren Prof. W. Oelsen und P. Göbbels, zwei Vorgesetzte von Fräulein Eckholt“.[32] Die Anschuldigungen hatten für Wever keine Folgen. Der Entnazifizierungsausschuss in Düsseldorf kam im Mai 1949 zu der Einschätzung: „Die Belastung des Herrn Schönfelder kann nicht als stichhaltig angesehen werden, da die von der Kammer gehörte Frl. Eckholt nicht angeben kann wer die Anzeige an die Gestapo 1945 gemacht hat.“[33]

Emeritierung 1959

Eine personelle Zäsur brachte nach der Emeritierung Wevers 1959 die Übernahme der MPIE-Institutsleitung durch Willy Oelsen, der das Institut bis zu seinem Tod 1970 führte.[34] Einen klaren personellen Bruch gegenüber dem „Dritten Reich“ und der Nachkriegszeit bedeutete diese Stellenbesetzung jedoch nicht. Der frühere Institutsleiter Wever war und blieb am MPIE und innerhalb der MPG ein anerkannter Wissenschaftler und eine hochangesehene Führungspersönlichkeit, der man den Erhalt und Wiederaufbau des Instituts nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und die Neuausrichtung im internationalen Kontext verdankte. Wevers persönliches Renommee ging über die MPG hinaus. Er erhielt für seinen Einsatz für öffentliche Belange das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.[35]

Einzelnachweise

zum ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis

  1. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946.
  2. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946. Siehe auch: Flachowsky: Wagenburg, S. 680 f.; Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 786, S. 1022 f.
  3. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946. Siehe auch: Flachowsky: Wagenburg, S. 680 f.; Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 786, S. 1022 f.
  4. Vgl. BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Akte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, Düsseldorf, 19.07.1937.
  5. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragenbogendes Military Government, 20.12.1946.
  6. BArch (Berlin), R 4901 SBPR 901/4017091212440.
  7. BArch (Berlin), R 9361 IX/48290462, NSDAP-Mitgliederdatei, NSDAP-Gaukartei; LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946; BArch (Berlin), R 4901 SBPR 901/2317091117350, NSLB, Karteikarte Dr. Franz Wever; BArch (Berlin), R 4901 SBPR 901/4017091212440; BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Akte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, Düsseldorf, 19.07.1937.
  8. AMPG, Abt. II, Rep. 67, Nr. 1540/1-3, Schreiben von Wever an General v. Axthelm, 21.05.1944. Siehe auch: LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragenbogen des Military Government, 20.12.1946.
  9. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Lebenslauf sowie Fragebogen des Military Government; BArch (Militärarchiv Freiburg,), PERS 6/21885, Akte Franz Wever.
  10. BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Fragenbogen des Military Government o Germany, Franz Wever, 20.12.1946; BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Lebenslauf.
  11. BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Akte Franz Wever, Beurteilung, 01.04.1936.
  12. BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Beurteilung durch den Kommandeur der Flakartillerieschule III hinsichtlich dienstlicher Leistungen, Führerpersönlichkeit und Stellung im Kameradenkreise, Berlin-Heiligensee, 19.12.1942.
  13. BArch (Militärarchiv Freiburg), PERS 6/21885, Höherer Kommandeur der Flakartillerieschulen, Braunschweig, 27.12.1943: Kriegs-Beurteilung zum 01.02.1944.
  14. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Lebenslauf; AMPG, Abt. II, Rep. 67, Nr. 1540/1-3, Schreiben von Vögler an Wever, 30.05.1944; Henning/Kazemi: Handbuch Bd. 1, S. 406.
  15. BArch (Berlin), R 26 III/112, Bl. 187-193, Überprüfung der vorhandenen und vorgesehenen Fachspartenleiter und Bevollmächtigten des Reichsforschungsrates, Anlage zu: Spengler an Osenberg, 26.09.1944, zit. n. Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 1022.
  16. Müller: Vom Stahlhelm zum Hakenkreuz, S. 193, S. 196 f.
  17. BIOS Report 676; VDEh, Ac 207, Band II, Bericht über den Wiederaufbau des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Eisenforschung seit Kriegsende, 28.01.1949.
  18. Bates: Summary Report.
  19. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Lebenslauf, undatiert.
  20. VDEh, Ac 207, Band II, Bericht über den Wiederaufbau des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Eisenforschung seit Kriegsende, 28.01.1949.
  21. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Fragebogen des Military Government, 20.12.1946.
  22. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Stellungnahme Betriebsrat, 22.11.1945.
  23. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Stellungnahme Betriebsrat, 22.11.1945.
  24. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Stellungnahme Kuratorium, undatiert.
  25. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Lebenslauf, undatiert.
  26. Vgl. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Eidesstattliche Erklärung J. Schmidt, undatiert.
  27. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Case Summary (mit Anhang), 20.10.1947, Fragebogen Arbeitsblatt, 01.02.1947, Einreihungsbescheid, 28.10.1947.
  28. Maier: Forschung als Waffe Bd. 2, S. 953 f.
  29. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Case Summary, 1947 (verschiedene Datenvermerke), Fragebogen Arbeitsblatt, 01.02.1947.
  30. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Schreiben von Karl Schönfelder an den Entnazifizierungsausschuss für den Stadtkreis Düsseldorf, Clausthal-Zellerfeld, 12.09.1948.
  31. NLA HA Nds. 171 Hildesheim Nr. 20097, Entnazifizierungsakte Willy Oelsen, Schreiben des Öffentlichen Klägers beim Entnazifizierungshauptausschuss des Landkreises Zellerfeld an den Berufungsausschuss für die Entnazifizierung Osterode, 26.11.1948.
  32. NLA HA Nds. 171 Hildesheim Nr. 20097, Entnazifizierungsakte Willy Oelsen, Schreiben von Karl Schönfelder an den Entnazifizierungshauptausschuss für den Stadtkreis Düsseldorf, 12.09.1948.
  33. LAV NRW, NW 1002-I-23403, Entnazifizierungsakte Franz Wever, Schreiben des Entnazifizierungsausschusses Düsseldorf betr. Politische Überprüfung Franz Wever, 10.05.1949.
  34. Flachowsky: Wagenburg, S. 696. Berichte und Mitteilungen der Max-Planck-Gesellschaft 5/93, S. 10.
  35. Vgl. Oelsen: Festvortrag, S. 928; Engell: Ansprache; Lüst: Ansprache.