Die Betriebsfunktionäre der Deutschen Arbeitsfront (DAF): Unterschied zwischen den Versionen

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==Das Verhältnis der DAF zur Institutsleitung==
==Das Verhältnis der DAF zur Institutsleitung==
Die DAF verfügte am KWIE und in seinen Abteilungen also über eine differenzierte Organisation und zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer. Die Vertreter der DAF am KWIE waren langjährige, akzeptierte und zum Teil hochrangige Institutsangehörige. Es gibt keine Hinweise, dass es zwischen der Institutsleitung und der [[Verwaltung|Verwaltung]] einerseits und den DAF-Funktionären andererseits zu Differenzen und Spannungen kam. Im Wesentlichen existierte wohl ein harmonisches Verhältnis, das auch auf gemeinsamen Zielsetzungen basierte, was sich nicht zuletzt an der engagierten Teilnahme des KWIE an [[Die Teilnahme des KWIE an NS-Leistungskämpfen|nationalsozialistischen Wettbewerben]] festmachen lässt. Insgesamt kam es im betrieblichen Alltag der KWG-Institute sowie im tagtäglichen Umgang der Generalverwaltung mit den DAF-Funktionären vor Ort zu einer einvernehmlichen Zusammenarbeit. So war die DAF auch weitaus weniger konfliktfreudig als ihre Vorgängerorganisation, die 1929/1930 gegründeten NSBO.<ref>Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 924.</ref> Diese basierte auch darauf, dass die Generalverwaltung und die Institutsleitungen den sozialpolitischen Vorstellungen der DAF entsprachen und die betrieblichen Sozialleistungen zum Teil erheblich ausbauten.<ref>Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 924 f.</ref>  
Die DAF verfügte am KWIE und in seinen Abteilungen also über eine differenzierte Organisation und zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer. Die Vertreter der DAF am KWIE waren langjährige, akzeptierte und zum Teil hochrangige Institutsangehörige. Es gibt keine Hinweise, dass es zwischen der Institutsleitung und der [[Verwaltung|Verwaltung]] einerseits und den DAF-Funktionären andererseits zu Differenzen und Spannungen kam. Im Wesentlichen existierte wohl ein harmonisches Verhältnis, das auch auf gemeinsamen Zielsetzungen basierte, was sich nicht zuletzt an der engagierten Teilnahme des KWIE an [[Die Teilnahme des KWIE an NS-Leistungskämpfen|nationalsozialistischen Wettbewerben]] festmachen lässt. Insgesamt kam es im betrieblichen Alltag der KWG-Institute sowie im tagtäglichen Umgang der Generalverwaltung mit den DAF-Funktionären vor Ort zu einer einvernehmlichen Zusammenarbeit. So war die DAF auch weitaus weniger konfliktfreudig als ihre Vorgängerorganisation, die 1929/1930 gegründete NSBO.<ref>Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 924.</ref> Diese basierte auch darauf, dass die Generalverwaltung und die Institutsleitungen den sozialpolitischen Vorstellungen der DAF entsprachen und die betrieblichen Sozialleistungen zum Teil erheblich ausbauten.<ref>Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 924 f.</ref>  


Über sein Verhältnis zu Institutsdirektor [[Friedrich Körber|Körber]] gab Ferdinand Spies in der Nachkriegszeit im Verlauf seines Entnazifizierungsverfahrens an: „Als der Betriebsobmann des Instituts zur Wehrmacht einberufen war und sein Stellvertreter aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, wurde ich von dem damaligen Direktor des Instituts, Herrn Professor Körber gebeten, diesen Posten zu übernehmen.“<ref>LAV NRW, NW 1002-I-69945, Entnazifizierungsakte Ferdinand Spies, Antrag zur politischen Entlastung, 15.06.1946.</ref> Im Juli 1946 bestätigte Nora Körber, die Witwe des 1944 verstorbenen Institutsdirektors, diese Darstellung: „Ich […] kenne Herrn Ferdinand Spiess [sic!] seit 26 Jahren […] Ich weiss, dass mein Mann Herrn Spiess [sic!] als Arbeitskollegen und Menschen wegen seiner Lauterkeit und anständigen Gesinnung gegen Jedermann im Institut, sehr geschätzt hat, und ihn daher mit Sonderaufgaben auf sozialem Gebiete in seinem Institut betraute.“<ref>LAV NRW, NW 1002-I-69945, Erklärung Nora Körber, 15.07.1946.</ref> Auch wenn Äußerungen in den Entnazifizierungsakten der Nachkriegszeit und den darin enthaltenen Leumundszeugnissen generell mit Vorsicht zu bewerten sind, zeigt sich hier dennoch, dass es sich bei den führenden DAF-Funktionären – den Betriebsobmännern – um langjährige Betriebsangehörige handelte, die offensichtlich das Vertrauen Körbers genossen.
Über sein Verhältnis zu Institutsdirektor [[Friedrich Körber|Körber]] gab Ferdinand Spies in der Nachkriegszeit im Verlauf seines Entnazifizierungsverfahrens an: „Als der Betriebsobmann des Instituts zur Wehrmacht einberufen war und sein Stellvertreter aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, wurde ich von dem damaligen Direktor des Instituts, Herrn Professor Körber gebeten, diesen Posten zu übernehmen.“<ref>LAV NRW, NW 1002-I-69945, Entnazifizierungsakte Ferdinand Spies, Antrag zur politischen Entlastung, 15.06.1946.</ref> Im Juli 1946 bestätigte Nora Körber, die Witwe des 1944 verstorbenen Institutsdirektors, diese Darstellung: „Ich […] kenne Herrn Ferdinand Spiess [sic!] seit 26 Jahren […] Ich weiss, dass mein Mann Herrn Spiess [sic!] als Arbeitskollegen und Menschen wegen seiner Lauterkeit und anständigen Gesinnung gegen Jedermann im Institut, sehr geschätzt hat, und ihn daher mit Sonderaufgaben auf sozialem Gebiete in seinem Institut betraute.“<ref>LAV NRW, NW 1002-I-69945, Erklärung Nora Körber, 15.07.1946.</ref> Auch wenn Äußerungen in den Entnazifizierungsakten der Nachkriegszeit und den darin enthaltenen Leumundszeugnissen generell mit Vorsicht zu bewerten sind, zeigt sich hier dennoch, dass es sich bei den führenden DAF-Funktionären – den Betriebsobmännern – um langjährige Betriebsangehörige handelte, die offensichtlich das Vertrauen Körbers genossen.

Version vom 3. Januar 2021, 18:57 Uhr

Der Laborant der Physikalischen Abteilung Peter Clasen stand seit 1934 als „Betriebsobmann“ an der Spitze der Betriebsfunktionäre der Deutschen Arbeitsfront (DAF) am Institut.
Im Jahr 1939 wurde der Metallograph Ferdinand Spies (4. v. rechts) zum „Kriegsbetriebsobmann“ ernannt. Hier beim Heimatbesuch des Fliegers Willi Böttcher (3. v. rechts) am Institut, April 1940.
Auch in der Lehrlingsausbildung spielte die DAF, deren Abzeichen an der Wand neben der Tafel zu sehen ist, eine zentrale Rolle. ...
... Sie führte unter anderem „weltanschauliche Schulungen“ durch.

Am KWIE war der Einfluss der Betriebsfunktionäre der Deutschen Arbeitsfront (DAF) erheblich. Die DAF verfügte innerhalb des Instituts nicht nur über zahlreiche Mitglieder, sondern konnte sich auch auf zahlreiche ehrenamtliche Funktionäre in allen Teilen der Belegschaft stützen. An ihrer Spitze stand der sogenannte „Betriebsobmann“ der DAF.

Die „Betriebsobmänner“ am KWIE

Der erste Betriebsobmann am KWIE war seit 1934 der Laborant der Physikalischen Abteilung, Peter Clasen. Clasen war bereits seit April 1932 SA-Mitglied, in die NSDAP trat er im Mai 1932 ein.[1] Sein Stellvertreter wurde Peter Göbbels, der im Jahr 1924 am KWIE als einfacher Laborant angefangen und sich allmählich zum Chemietechniker in der Chemischen Abteilung hochgearbeitet hatte. In die NSDAP trat er im Mai 1933 ein, im November 1933 in die SA.[2] Nachdem Clasen 1939 zum Wehrdienst eingezogen worden war, übernahm zunächst Göbbels das Amt des „Betriebsobmanns“, aus gesundheitlichen Gründen aber nur für kurze Zeit. Noch im selben Jahr wurde Ferdinand Spies zum „Betriebsobmann“ ernannt.[3] Spies war 1920 als 14-jähriger Lehrling in das Institut eingetreten und bekleidete dort seit dem Jahr 1936 den Posten eines technischen Assistenten und technischen Laborleiters der Metallographischen Abteilung. Sowohl sein Eintritt in die NSDAP als auch in die SA erfolgten im April 1933.[4] In den Quellen wird seine Position häufig auch als „Kriegs-Betriebsobmann (KBO)“ bezeichnet.

Innerbetriebliche Organisation der DAF

Die Organisation der DAF in den Betrieben sollte möglichst nach einem bestimmten Schema geschehen.[5] Für einen Mittelbetrieb von bis zu 200 Beschäftigten, wie dem KWIE, sah die DAF folgende Organisationsstruktur als ideal an: dem „Betriebsobmann“ sollten ein Jugendwalter und eine Jugendwalterin für die Auszubildenden, eine Frauenwalterin, ein Sportwart, ein Arbeitsschutzwalter, ein Berufswalter, ein Gesundheitswalter und ein KdF-Wart zur Seite stehen. Darüber hinaus wurde die Belegschaft in Betriebsblöcke und Betriebszellen unterteilt. 15 bis 20 Betriebsmitglieder bildeten einen Betriebsblock, während eine Betriebszelle aus vier bis acht Betriebsblöcken bestand.[6]

Aufgaben der DAF-Funktionäre

Das Aufgabengebiet dieser Funktionäre beschrieb die DAF damit, „daß auch das Amt eines Betriebszellen- oder Blockobmannes in erster Linie ein politisches und damit jeder von ihnen ein Träger nationalsozialistischen Wollens der Partei im Betrieb“ sei.[7] Deshalb bestünden ihre „Aufgaben auch vornehmlich auf dem Gebiete der nationalsozialistischen Menschenführung, Erziehung und Betreuung. Erst dahinter steht die Erledigung aller sachlichen Angelegenheiten.“[8]

Weitere DAF-Funktionäre am KWIE

Als Blockobmann der Chemischen Abteilung des KWIE fungierte ab 1942 der Vorsteher der Chemischen und Metallurgischen Abteilung und spätere Institutsdirektor Willy Oelsen.[9] In der Physikalischen Abteilung wurde der wissenschaftliche Assistent Walter Peter im Frühjahr 1941 zum Blockobmann befördert.[10] Es ist davon auszugehen, dass es auch für die anderen Abteilungen jeweils einen Blockobmann gab, jedoch konnten diese durch das gesichtete Quellenmaterial nicht identifiziert werden. Bekannt sind die Namen weiterer DAF-Funktionäre. Der Kassenführer und Einkäufer des Instituts, Bernhard Schweitzer, übernahm als Kassenwart ab Januar 1935 die Einziehung der DAF-Beiträge und betätigte sich zudem als Wanderwart.[11] Bis 1940 fungierte eine Frau Knoop als Betriebsfrauenwalterin und Referentin für volkswirtschaftliche Ernährung. Das Amt der Betriebsfrauenwalterin übernahm danach jedoch Maria Neu aus der Physikalischen Abteilung, die sich „ausserdem als leuchtendes Vorbild sehr eifrig am Betriebssport“ beteiligte.[12] Auch der „Betriebsobmann“ Ferdinand Spies engagierte sich im Betriebssport und trainierte zumindest seit 1941 jede Woche eine Stunde mit der Betriebsjugend auf dem institutseigenen Sportplatz.[13] Ob es zusätzlich einen Sportwart am Institut gab, geht aus den Quellen nicht hervor. Günther Spürkel, der im Jahr 1941 seine Ausbildung zum Werkstoffprüfer abgeschlossen hatte und zunächst in der Metallographischen später in der Technologischen Abteilung tätig war, betätigte sich als Jugendwalter und war „eine viel in Anspruch genommene Persönlichkeit“ und konnte sich seinen Aufgaben daher „nicht voll widmen“.[14] Seit 1941 kümmerte sich ein Ingenieur namens Glock aus der Physikalischen Abteilung als Ausbildungsleiter um die „Erziehung und Ausrichtung der gesamten Lehrlinge und Praktikanten“. Damit trat bei der Lehrlingsausbildung auch ein strenges Punktesystem am KWIE in Kraft.[15]

Das Verhältnis der DAF zur Institutsleitung

Die DAF verfügte am KWIE und in seinen Abteilungen also über eine differenzierte Organisation und zahlreiche Unterstützerinnen und Unterstützer. Die Vertreter der DAF am KWIE waren langjährige, akzeptierte und zum Teil hochrangige Institutsangehörige. Es gibt keine Hinweise, dass es zwischen der Institutsleitung und der Verwaltung einerseits und den DAF-Funktionären andererseits zu Differenzen und Spannungen kam. Im Wesentlichen existierte wohl ein harmonisches Verhältnis, das auch auf gemeinsamen Zielsetzungen basierte, was sich nicht zuletzt an der engagierten Teilnahme des KWIE an nationalsozialistischen Wettbewerben festmachen lässt. Insgesamt kam es im betrieblichen Alltag der KWG-Institute sowie im tagtäglichen Umgang der Generalverwaltung mit den DAF-Funktionären vor Ort zu einer einvernehmlichen Zusammenarbeit. So war die DAF auch weitaus weniger konfliktfreudig als ihre Vorgängerorganisation, die 1929/1930 gegründete NSBO.[16] Diese basierte auch darauf, dass die Generalverwaltung und die Institutsleitungen den sozialpolitischen Vorstellungen der DAF entsprachen und die betrieblichen Sozialleistungen zum Teil erheblich ausbauten.[17]

Über sein Verhältnis zu Institutsdirektor Körber gab Ferdinand Spies in der Nachkriegszeit im Verlauf seines Entnazifizierungsverfahrens an: „Als der Betriebsobmann des Instituts zur Wehrmacht einberufen war und sein Stellvertreter aus gesundheitlichen Gründen zurücktrat, wurde ich von dem damaligen Direktor des Instituts, Herrn Professor Körber gebeten, diesen Posten zu übernehmen.“[18] Im Juli 1946 bestätigte Nora Körber, die Witwe des 1944 verstorbenen Institutsdirektors, diese Darstellung: „Ich […] kenne Herrn Ferdinand Spiess [sic!] seit 26 Jahren […] Ich weiss, dass mein Mann Herrn Spiess [sic!] als Arbeitskollegen und Menschen wegen seiner Lauterkeit und anständigen Gesinnung gegen Jedermann im Institut, sehr geschätzt hat, und ihn daher mit Sonderaufgaben auf sozialem Gebiete in seinem Institut betraute.“[19] Auch wenn Äußerungen in den Entnazifizierungsakten der Nachkriegszeit und den darin enthaltenen Leumundszeugnissen generell mit Vorsicht zu bewerten sind, zeigt sich hier dennoch, dass es sich bei den führenden DAF-Funktionären – den Betriebsobmännern – um langjährige Betriebsangehörige handelte, die offensichtlich das Vertrauen Körbers genossen.

Einzelnachweise

zum ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis

  1. LAV NRW, NW 1002-I-73702, Entnazifizierungsakte Peter Clasen, Bl. 2.
  2. NLA HA Nds. 171 Hildesheim Nr. 67024, Entnazifizierungsakte Peter Göbbels.
  3. MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.
  4. LAV NRW, NW 1002-I-69945, Entnazifizierungsakte Ferdinand Spies, Bl. 2f.
  5. DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Organisationsplan.
  6. DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Organisationsplan.
  7. DAF-Rundschreiben: 16.11.1942, Der Block- und Zellenobmann im Betrieb.
  8. DAF-Rundschreiben: 16.11.1942, Der Block- und Zellenobmann im Betrieb.
  9. MPIE, ohne Signatur, Personalakte Professor Oelsen, alte Akte, Fragebogen des Military Government, 06.08.1945 (Abschrift).
  10. MPIE, 6-0-11, 16. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, Frühlingsanfang 1941.
  11. LAV NRW, NW 1002-I-71060, Entnazifizierungs-Akte Bernhard Schweitzer, Bl. 2, Bl. 5.
  12. MPIE, 6-0-11, KWI Feldpostkameradschaft Lia Heller, August 1940.
  13. MPIE, 6-0-11, 8. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 07.04.1941.
  14. MPIE, 6-0-11, 16. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, Frühlingsanfang 1942.
  15. MPIE, 6-0-11, 14. (9.) Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 20.10.1941.
  16. Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 924.
  17. Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 924 f.
  18. LAV NRW, NW 1002-I-69945, Entnazifizierungsakte Ferdinand Spies, Antrag zur politischen Entlastung, 15.06.1946.
  19. LAV NRW, NW 1002-I-69945, Erklärung Nora Körber, 15.07.1946.