Die „Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen“: Unterschied zwischen den Versionen
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Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 und der Einziehung von Mitarbeitern zum Kriegsdienst gingen in Deutschland einige Betriebe dazu über, eigene Mitteilungen für ihre „Arbeitskameraden im Soldatenrock“<ref>Z.B. MPIE, 6-0-11, 19. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.04.1943.</ref> herauszugeben und Feldpostbriefe zu veröffentlichen.<ref>DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Inhalt von Feldpostbriefen der Betriebsgemeinschaften, S. 5. Siehe auch: Lieb: Feldpost.</ref> Diese Betriebsfeldpost wurde am | Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 und der Einziehung von Mitarbeitern zum Kriegsdienst gingen in Deutschland einige Betriebe dazu über, eigene Mitteilungen für ihre „Arbeitskameraden im Soldatenrock“<ref>Z.B. MPIE, 6-0-11, 19. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.04.1943.</ref> herauszugeben und Antworten auf [[Feldpostbriefe an das KWIE und NS-Verbrechen|Feldpostbriefe]] zu veröffentlichen.<ref>DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Inhalt von Feldpostbriefen der Betriebsgemeinschaften, S. 5. Siehe auch: Lieb: Feldpost.</ref> Diese Betriebsfeldpost wurde am KWIE regelmäßig unter dem Titel „Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut“ veröffentlicht und ist eine wichtige Quelle für die Propaganda und die [[Anpassungswille und vorauseilender Gehorsam|Kriegsbegeisterung am Institut]]. | ||
==Die „Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut“== | ==Die „Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut“== | ||
Der erste Feldpostbrief erschien am KWIE im Oktober 1939. Die Mitteilungen waren oftmals ähnlich aufgebaut. Der „Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut“ begann in der Regel mit einer begrüßenden Einleitung durch Direktor [[Friedrich Körber|Friedrich Körber]]; zum Teil gab es auch ein Schlusswort von ihm. Körbers Ausführungen begannen stets mit der Grußformel „Liebe feldgraue Arbeitskameraden “ oder schlicht „Liebe Soldaten“ und endete mit der Wendung „Heil Hitler! Euer | Der erste Feldpostbrief erschien am KWIE im Oktober 1939. Die Mitteilungen waren oftmals ähnlich aufgebaut. Der „Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut“ begann in der Regel mit einer begrüßenden Einleitung durch Direktor [[Friedrich Körber|Friedrich Körber]]; zum Teil gab es auch ein Schlusswort von ihm. Körbers Ausführungen begannen stets mit der Grußformel „Liebe feldgraue Arbeitskameraden “ oder schlicht „Liebe Soldaten“ und endete mit der Wendung „Heil Hitler! Euer Betriebsführer“. Anschließend wurden Berichte aus den einzelnen Abteilungen des Instituts sowie abgedruckte Feldpostbriefe der eingezogenen Mitarbeiter präsentiert, die diese an das KWIE geschickt hatten. Im Düsseldorfer Institut selbst wurden die eingehenden Feldpostbriefe der Soldaten außerdem an einer Tafel, der sogenannten „Feldpost-Tafel“, im Durchgang zum Hallenbau für alle Institutsangehörigen sichtbar aufgehängt.<ref>Vgl. MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.</ref> | ||
Der „Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“ ging auf eine Kampagne der [https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Arbeitsfront DAF] zurück. Im Gau Düsseldorf hatte DAF-Gauobmann Heinrich Bangert zu Beginn des Krieges den Betrieben nahegelegt, durch die Veröffentlichungen von Feldpostbriefen und Druckschriften „dafür zu sorgen, daß die Verbindung zwischen der Betriebsgemeinschaft und der kämpfenden Front hergestellt würde“.<ref>DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Feldpostbriefe der Betriebsgemeinschaften, S. 5. </ref> Zahlreiche Betriebe waren diesem Vorschlag gefolgt.<ref>DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Feldpostbriefe der Betriebsgemeinschaften, S. 5.</ref> Für die Auswahl der Texte waren die DAF-Obleute und die „[[Die Direktoren des KWIE im Nationalsozialismus|Betriebsführung]]“ zuständig. Beim KWIE wurden die für die Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen vorgesehenen Berichte, etwa die der Abteilungen, von der [[Verwaltung|Institutsverwaltung]] gesammelt.<ref>Vgl.g MPIE, 6-0-11, Mitteilung der Verwaltung an sämtliche Abteilungen, 27.11.1940.</ref> | Der „Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“ ging auf eine Kampagne der [https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Arbeitsfront DAF] zurück. Im Gau Düsseldorf hatte DAF-Gauobmann Heinrich Bangert zu Beginn des Krieges den Betrieben nahegelegt, durch die Veröffentlichungen von Feldpostbriefen und Druckschriften „dafür zu sorgen, daß die Verbindung zwischen der Betriebsgemeinschaft und der kämpfenden Front hergestellt würde“.<ref>DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Feldpostbriefe der Betriebsgemeinschaften, S. 5. </ref> Zahlreiche Betriebe waren diesem Vorschlag gefolgt.<ref>DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Feldpostbriefe der Betriebsgemeinschaften, S. 5.</ref> Für die Auswahl der Texte waren die DAF-Obleute und die „[[Die Direktoren des KWIE im Nationalsozialismus|Betriebsführung]]“ zuständig. Beim KWIE wurden die für die Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen vorgesehenen Berichte, etwa die der Abteilungen, von der [[Verwaltung|Institutsverwaltung]] gesammelt.<ref>Vgl.g MPIE, 6-0-11, Mitteilung der Verwaltung an sämtliche Abteilungen, 27.11.1940.</ref> | ||
==Kontakt zwischen „Heimatfront“ und eingezogenen Soldaten== | ==Kontakt zwischen „Heimatfront“ und eingezogenen Soldaten== | ||
Die Feldpostbriefe dienten dazu, den Kontakt zwischen der „Heimatfront“ und den Soldaten nicht abreißen zu lassen. „Briefe, die zur Front gehen“, sollten „die Front stärken“. Sie – so Bangert – „müssen dem Empfänger einen Auftrieb seiner Haltung vermitteln und ihm die Gewißheit geben, daß die Heimat die Front diesmal nicht vergißt.“ Diese Formulierung spielte auf die weit verbreitete „Dolchstoßlegende“ an, die besagte, dass die Niederlage im Ersten Weltkrieg auch darauf zurückzuführen sei, dass die Soldaten im Feld keinen Rückhalt in der kriegsmüden Bevölkerung und der Politik gehabt hätten und somit von dieser einen „Dolch in den Rücken gestoßen bekommen“ hätten. Gleichzeitig machte Bangert Vorgaben zum Inhalt und Stil der Feldpostbriefe und Druckschriften. Schlechte Nachrichten aus den Betrieben sollten, so die Forderung der DAF, in den Briefen nicht enthalten sein. Besonders wurden die Betriebe dazu angehalten, keine Betriebsgeheimnisse zu erwähnen, da die Schriften „dem Feind“ in die Hände fallen könnten. Dies sollten die Betriebsobmänner und Schriftleitungen sicherstellen.<ref>DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Feldpostbriefe der Betriebsgemeinschaften, S. 5</ref> | Die Feldpostbriefe dienten dazu, den Kontakt zwischen der „Heimatfront“ und den Soldaten nicht abreißen zu lassen. „Briefe, die zur Front gehen“, sollten „die Front stärken“. Sie – so Bangert – „müssen dem Empfänger einen Auftrieb seiner Haltung vermitteln und ihm die Gewißheit geben, daß die Heimat die Front diesmal nicht vergißt.“ Diese Formulierung spielte auf die weit verbreitete „Dolchstoßlegende“ an, die besagte, dass die Niederlage im Ersten Weltkrieg auch darauf zurückzuführen sei, dass die Soldaten im Feld keinen Rückhalt in der kriegsmüden Bevölkerung und der Politik gehabt hätten und somit von dieser einen „Dolch in den Rücken gestoßen bekommen“ hätten. Gleichzeitig machte Bangert Vorgaben zum Inhalt und Stil der Feldpostbriefe und Druckschriften. Schlechte Nachrichten aus den Betrieben sollten, so die Forderung der DAF, in den Briefen nicht enthalten sein. Besonders wurden die Betriebe dazu angehalten, keine Betriebsgeheimnisse zu erwähnen, da die Schriften „dem Feind“ in die Hände fallen könnten. Dies sollten die Betriebsobmänner und Schriftleitungen sicherstellen.<ref>DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Feldpostbriefe der Betriebsgemeinschaften, S. 5</ref> | ||
Das KWIE sandte den „1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“, der eine Fotografie mit Mitarbeitern vor der Feldpost-Tafel enthielt, „pflichtschuldigst auch der Gau- und Kreisverwaltung der DAF“<ref>MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.</ref> zu. Bei der DAF stieß das KWIE damit auf eine so positive Resonanz, dass die Fotografie der Feldpost-Tafel im Novemberheft der von der DAF-Gauwaltung herausgegebenen Zeitschrift „Kraft durch Freude“ abgedruckt wurde. In der Bildunterschrift wurde darauf hingewiesen, dass auch die Gauwaltung bereits eine ähnliche Tafel angebracht hätte: „Diese findige Einrichtung wird allen Betrieben zur Nachahmung empfohlen.“<ref>MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.</ref> | Das KWIE sandte den „1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“, der eine Fotografie mit Mitarbeitern vor der Feldpost-Tafel enthielt, „pflichtschuldigst auch der Gau- und Kreisverwaltung der DAF“<ref>MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.</ref> zu. Bei der DAF stieß das KWIE damit auf eine so positive Resonanz, dass die Fotografie der Feldpost-Tafel im Novemberheft der von der DAF-Gauwaltung herausgegebenen Zeitschrift „Kraft durch Freude“ abgedruckt wurde. In der Bildunterschrift wurde darauf hingewiesen, dass auch die Gauwaltung bereits eine ähnliche Tafel angebracht hätte: „Diese findige Einrichtung wird allen Betrieben zur Nachahmung empfohlen.“<ref>MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.</ref> | ||
==Inhalt der Feldpostbriefe== | ==Inhalt der Feldpostbriefe== | ||
Zu den Zielen der „Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen“ hieß es in der ersten Ausgabe: „Liebe Arbeitskameraden! Wenn wir im zweiten Monat des Krieges und nach Abschluss des ersten glorreichen Waffenganges unseren zum Heeresdienst einberufenen Arbeitskameraden einen gleichlautenden Brief, den wir ‚Feldpostbrief der Daheimgebliebenen‘ nennen wollen, und der in zwangloser aber hoffentlich nicht allzu häufiger Folge erscheinen soll, schreiben, so tun wir dies nicht nur, um eine engere Verbindung zwischen den Einberufenen und der Heimat herzustellen, sondern auch, um Ihnen untereinander Gelegenheit zu geben, miteinander in Fühlung zu kommen und Ihre Erlebnisse gegenseitig auszutauschen.“<ref>MPIE, 6-0-11, 1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 10.10.1939.</ref> | Zu den Zielen der „Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen“ hieß es in der ersten Ausgabe: „Liebe Arbeitskameraden! Wenn wir im zweiten Monat des Krieges und nach Abschluss des ersten glorreichen Waffenganges unseren zum Heeresdienst einberufenen Arbeitskameraden einen gleichlautenden Brief, den wir ‚Feldpostbrief der Daheimgebliebenen‘ nennen wollen, und der in zwangloser aber hoffentlich nicht allzu häufiger Folge erscheinen soll, schreiben, so tun wir dies nicht nur, um eine engere Verbindung zwischen den Einberufenen und der Heimat herzustellen, sondern auch, um Ihnen untereinander Gelegenheit zu geben, miteinander in Fühlung zu kommen und Ihre Erlebnisse gegenseitig auszutauschen.“<ref>MPIE, 6-0-11, 1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 10.10.1939.</ref> | ||
Eine politische Propagandafunktion stand nicht im Vordergrund, sondern eben die kommunikative Verbindung zwischen Kriegs- und „Heimatfront“. So hieß es im „1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“ weiter: „Es sind noch keine sieben Wochen und doch, wie lange dünkt uns diese Zeit, wenn man bedenkt, daß in dieser kurzen Spanne Zeit Weltgeschichte geschrieben wurde in einem Ausmaß, das uns alle überrascht hat und mit grösstem Stolz erfüllt. Der Feldpostbrief soll kein politischer Brief sein, darum muss dieser kurze Hinweis genügen.“<ref>MPIE, 6-0-11, 1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 10.10.1939.</ref> Anzumerken ist, dass die DAF sogar explizit davon abriet, die Betriebsfeldpost mit einem „ellenlangen politischen Artikel einzuleiten, der den Frontkämpfern klarmachen will, warum sie diesen Kampf zu führen haben.“<ref>DAF-Rundschreiben: 22.12.1941, S. 10, Betriebsfeldpost – wie der Soldat sie wünscht.</ref> Begründung war, dass den „Frontkämpfern“ „die Notwendigkeit des Waffenganges mit dem Todfeind jeder Kultur und Menschlichkeit“ klar sei. Der Soldat wisse, „daß sein Freiheitskampf von wahrhaft historischer Bedeutung“ sei.<ref>DAF-Rundschreiben: 22.12.1941, S. 10, Betriebsfeldpost – wie der Soldat sie wünscht.</ref> | Eine politische Propagandafunktion stand nicht im Vordergrund, sondern eben die kommunikative Verbindung zwischen Kriegs- und „Heimatfront“. So hieß es im „1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“ weiter: „Es sind noch keine sieben Wochen und doch, wie lange dünkt uns diese Zeit, wenn man bedenkt, daß in dieser kurzen Spanne Zeit Weltgeschichte geschrieben wurde in einem Ausmaß, das uns alle überrascht hat und mit grösstem Stolz erfüllt. Der Feldpostbrief soll kein politischer Brief sein, darum muss dieser kurze Hinweis genügen.“<ref>MPIE, 6-0-11, 1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 10.10.1939.</ref> Anzumerken ist, dass die DAF sogar explizit davon abriet, die Betriebsfeldpost mit einem „ellenlangen politischen Artikel einzuleiten, der den Frontkämpfern klarmachen will, warum sie diesen Kampf zu führen haben.“<ref>DAF-Rundschreiben: 22.12.1941, S. 10, Betriebsfeldpost – wie der Soldat sie wünscht.</ref> Begründung war, dass den „Frontkämpfern“ „die Notwendigkeit des Waffenganges mit dem Todfeind jeder Kultur und Menschlichkeit“ klar sei. Der Soldat wisse, „daß sein Freiheitskampf von wahrhaft historischer Bedeutung“ sei.<ref>DAF-Rundschreiben: 22.12.1941, S. 10, Betriebsfeldpost – wie der Soldat sie wünscht.</ref> | ||
Es bestand also für die Schriftleitung und Institutsdirektor Körber durchaus kein Zwang zu politischen Einlassungen. Trotzdem befinden sich in den Feldpostbriefen des KWIE Passagen, die dennoch einen deutlich politisch, gar propagandistischen Charakter aufweisen. Im „2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“ begründete er dies im November 1939 folgendermaßen: „Unser Feldpostbrief sollte kein politischer Brief sein, wie wir zuletzt schrieben, aber wir können uns vorstellen, und Eure Briefe zeigen es uns auch, dass Euch das Herz voll ist, und dass es Euch verlangt, auch einmal unsere Auffassung über die Weltlage und deren Entwicklung zu hören.“<ref>MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.</ref> Die ersten Feldpostbriefe enthalten vor allem anti-englische Propaganda, zugleich auch dezidierte Bekenntnisse zu Hitler. „Der Führer“ – so Körber – werde es den englischen „Heuchlern“ schon zeigen.<ref>MPIE, 6-0-11, 1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 10.10.1939; Siehe auch Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 811.</ref> | Es bestand also für die Schriftleitung und Institutsdirektor Körber durchaus kein Zwang zu politischen Einlassungen. Trotzdem befinden sich in den Feldpostbriefen des KWIE Passagen, die dennoch einen deutlich politisch, gar propagandistischen Charakter aufweisen. Im „2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“ begründete er dies im November 1939 folgendermaßen: „Unser Feldpostbrief sollte kein politischer Brief sein, wie wir zuletzt schrieben, aber wir können uns vorstellen, und Eure Briefe zeigen es uns auch, dass Euch das Herz voll ist, und dass es Euch verlangt, auch einmal unsere Auffassung über die Weltlage und deren Entwicklung zu hören.“<ref>MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.</ref> Die ersten Feldpostbriefe enthalten vor allem anti-englische Propaganda, zugleich auch dezidierte Bekenntnisse zu Hitler. „Der Führer“ – so Körber – werde es den englischen „Heuchlern“ schon zeigen.<ref>MPIE, 6-0-11, 1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 10.10.1939; Siehe auch Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 811.</ref> | ||
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In den Feldpostbriefen wurde ein überwiegend heiterer, an vielen Stellen soldatisch geprägter Ton angeschlagen. Mit den zunehmenden militärischen Rückschlägen der Achsenmächte fanden Durchhalteparolen Eingang in die Feldpostbriefe. In den Kommentaren Körbers trat dieses Thema zunehmend in den Vordergrund. Im April des Jahres 1943 räumte Körber im „19. Feldpostbrief“ zwar ein, dass nicht zu leugnen sei, „daß der Winter unter einem Unstern gestanden hat. Sowohl im Osten als auch in Afrika haben wir Rückschläge erlitten, die uns mit Besorgnis erfüllt haben.“ Dennoch war der Institutsleiter bemüht, ein positives und motivierendes Bild des aktuellen Kriegsgeschehens zu zeichnen. Vor allem seit Winterende würden die Erwartungen auf deutscher Seite wieder steigen – „nicht zuletzt getragen von der zuversichtlichen Stimmung, die in all Euren Briefen von den verschiedensten Teilen der gewaltigen Kampffront in wahrhaft erhebender Weise zum Ausdruck kommt“, wie es hieß.<ref>MPIE, 6-0-11, 19. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.04.1943.</ref> Der „20. Feldpostbrief“ vom Dezember 1943 war überwiegend von den Erfahrungen des Luftkriegs und der alliierten Angriffe auf deutsche Großstädte geprägt, wobei das KWIE-Institutsgebäude selbst im Juni und August 1943 von Bomben getroffen worden war. Dementsprechend schlug Körber einen besonders aggressiven, fanatischen Ton in diesem Brief an. Zu den Bombardierungen schrieb er: „Kaum eine Stadt wurde verschont. Aber der beabsichtigte Erfolg ist ausgeblieben! Schwer getroffen zwar, aber unverzagt steht unsere Heimatfront mitten in einer Welt von Trümmern. Ungebeugt und trotzig steht sie dem Vernichtungswillen der englischen und Hollywood- ‚Kulturträger‘ gegenüber, der ganzen Welt ein Beispiel dafür gebend, daß, was 1918 Hunger und Propaganda vermochten, 1943 selbst nicht durch feigen Frauen- und Kindermord gelingt: unser Volk mürbe zu machen!“. Das deutsche Volk wisse, „daß hinter den Phrasen der angelsächsischen Heuchler die Fratze des Bolschewismus steht, alles vernichtend, was deutscher Fleiß, was deutscher Geist geschaffen hat. Darum kennt es keine Schwäche und erst recht keine Kapitulation!“<ref>MPIE, 24-0-01-1, 20. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 04.12.1943.</ref> Die zitierten Passagen zeugen insgesamt von einer hohen und betonten Übereinstimmung der Institutsleitung mit der NS-Kriegsführung und den NS-Kriegszielen. In den Feldpostbriefen kam eine deutliche anhaltende Kriegsbegeisterung zum Ausdruck. | In den Feldpostbriefen wurde ein überwiegend heiterer, an vielen Stellen soldatisch geprägter Ton angeschlagen. Mit den zunehmenden militärischen Rückschlägen der Achsenmächte fanden Durchhalteparolen Eingang in die Feldpostbriefe. In den Kommentaren Körbers trat dieses Thema zunehmend in den Vordergrund. Im April des Jahres 1943 räumte Körber im „19. Feldpostbrief“ zwar ein, dass nicht zu leugnen sei, „daß der Winter unter einem Unstern gestanden hat. Sowohl im Osten als auch in Afrika haben wir Rückschläge erlitten, die uns mit Besorgnis erfüllt haben.“ Dennoch war der Institutsleiter bemüht, ein positives und motivierendes Bild des aktuellen Kriegsgeschehens zu zeichnen. Vor allem seit Winterende würden die Erwartungen auf deutscher Seite wieder steigen – „nicht zuletzt getragen von der zuversichtlichen Stimmung, die in all Euren Briefen von den verschiedensten Teilen der gewaltigen Kampffront in wahrhaft erhebender Weise zum Ausdruck kommt“, wie es hieß.<ref>MPIE, 6-0-11, 19. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.04.1943.</ref> Der „20. Feldpostbrief“ vom Dezember 1943 war überwiegend von den Erfahrungen des Luftkriegs und der alliierten Angriffe auf deutsche Großstädte geprägt, wobei das KWIE-Institutsgebäude selbst im Juni und August 1943 von Bomben getroffen worden war. Dementsprechend schlug Körber einen besonders aggressiven, fanatischen Ton in diesem Brief an. Zu den Bombardierungen schrieb er: „Kaum eine Stadt wurde verschont. Aber der beabsichtigte Erfolg ist ausgeblieben! Schwer getroffen zwar, aber unverzagt steht unsere Heimatfront mitten in einer Welt von Trümmern. Ungebeugt und trotzig steht sie dem Vernichtungswillen der englischen und Hollywood- ‚Kulturträger‘ gegenüber, der ganzen Welt ein Beispiel dafür gebend, daß, was 1918 Hunger und Propaganda vermochten, 1943 selbst nicht durch feigen Frauen- und Kindermord gelingt: unser Volk mürbe zu machen!“. Das deutsche Volk wisse, „daß hinter den Phrasen der angelsächsischen Heuchler die Fratze des Bolschewismus steht, alles vernichtend, was deutscher Fleiß, was deutscher Geist geschaffen hat. Darum kennt es keine Schwäche und erst recht keine Kapitulation!“<ref>MPIE, 24-0-01-1, 20. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 04.12.1943.</ref> Die zitierten Passagen zeugen insgesamt von einer hohen und betonten Übereinstimmung der Institutsleitung mit der NS-Kriegsführung und den NS-Kriegszielen. In den Feldpostbriefen kam eine deutliche anhaltende Kriegsbegeisterung zum Ausdruck. | ||
Der letzte überlieferte Feldpostbrief stammt aus dem September 1944. Dieser „22. Feldpostbrief“ wurde von dem neuen Institutsdirektor [[Franz Wever|Franz Wever]] verfasst und behandelt vor allem den Tod Körbers, verbunden mit einem Bericht über die Beisetzungsfeier. Darüber hinaus findet der Krieg in diesem Brief kaum Erwähnung. Zur Arbeit des Instituts schrieb Wever: „Wir sind alle eifrig an der Arbeit und bemühen uns, so unseren bescheidenen Teil zu der großen Aufgabe der Zeit beizutragen. Unseren Soldaten danken wir herzlichst für die Lebenszeichen, die uns von ihnen eingegangen sind. Wir bitten sie, auch an ihrem Teil dazu beizutragen, daß die Verbindung zwischen uns nicht abreißt.“<ref>MPIE, 24-0-01-1, 22. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eisenforschungsinstitut, September 1944.</ref> Weitere Feldpostbriefe des KWIE wurden nicht aufgefunden, daher ist es nicht möglich, festzustellen, welchen Ton Wever in den Briefen angeschlagen hat. | Der letzte überlieferte Feldpostbrief stammt aus dem September 1944. Dieser „22. Feldpostbrief“ wurde von dem neuen Institutsdirektor [[Franz Wever|Franz Wever]] verfasst und behandelt vor allem den Tod Körbers, verbunden mit einem Bericht über die Beisetzungsfeier. Darüber hinaus findet der Krieg in diesem Brief kaum Erwähnung. Zur Arbeit des Instituts schrieb Wever: „Wir sind alle eifrig an der Arbeit und bemühen uns, so unseren bescheidenen Teil zu der großen Aufgabe der Zeit beizutragen. Unseren Soldaten danken wir herzlichst für die Lebenszeichen, die uns von ihnen eingegangen sind. Wir bitten sie, auch an ihrem Teil dazu beizutragen, daß die Verbindung zwischen uns nicht abreißt.“<ref>MPIE, 24-0-01-1, 22. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eisenforschungsinstitut, September 1944.</ref> Weitere Feldpostbriefe des KWIE wurden nicht aufgefunden, daher ist es nicht möglich, festzustellen, welchen Ton Wever in den Briefen angeschlagen hat. | ||
Aktuelle Version vom 5. Juni 2020, 13:33 Uhr
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 und der Einziehung von Mitarbeitern zum Kriegsdienst gingen in Deutschland einige Betriebe dazu über, eigene Mitteilungen für ihre „Arbeitskameraden im Soldatenrock“[1] herauszugeben und Antworten auf Feldpostbriefe zu veröffentlichen.[2] Diese Betriebsfeldpost wurde am KWIE regelmäßig unter dem Titel „Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut“ veröffentlicht und ist eine wichtige Quelle für die Propaganda und die Kriegsbegeisterung am Institut.
Die „Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut“
Der erste Feldpostbrief erschien am KWIE im Oktober 1939. Die Mitteilungen waren oftmals ähnlich aufgebaut. Der „Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut“ begann in der Regel mit einer begrüßenden Einleitung durch Direktor Friedrich Körber; zum Teil gab es auch ein Schlusswort von ihm. Körbers Ausführungen begannen stets mit der Grußformel „Liebe feldgraue Arbeitskameraden “ oder schlicht „Liebe Soldaten“ und endete mit der Wendung „Heil Hitler! Euer Betriebsführer“. Anschließend wurden Berichte aus den einzelnen Abteilungen des Instituts sowie abgedruckte Feldpostbriefe der eingezogenen Mitarbeiter präsentiert, die diese an das KWIE geschickt hatten. Im Düsseldorfer Institut selbst wurden die eingehenden Feldpostbriefe der Soldaten außerdem an einer Tafel, der sogenannten „Feldpost-Tafel“, im Durchgang zum Hallenbau für alle Institutsangehörigen sichtbar aufgehängt.[3]
Der „Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“ ging auf eine Kampagne der DAF zurück. Im Gau Düsseldorf hatte DAF-Gauobmann Heinrich Bangert zu Beginn des Krieges den Betrieben nahegelegt, durch die Veröffentlichungen von Feldpostbriefen und Druckschriften „dafür zu sorgen, daß die Verbindung zwischen der Betriebsgemeinschaft und der kämpfenden Front hergestellt würde“.[4] Zahlreiche Betriebe waren diesem Vorschlag gefolgt.[5] Für die Auswahl der Texte waren die DAF-Obleute und die „Betriebsführung“ zuständig. Beim KWIE wurden die für die Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen vorgesehenen Berichte, etwa die der Abteilungen, von der Institutsverwaltung gesammelt.[6]
Kontakt zwischen „Heimatfront“ und eingezogenen Soldaten
Die Feldpostbriefe dienten dazu, den Kontakt zwischen der „Heimatfront“ und den Soldaten nicht abreißen zu lassen. „Briefe, die zur Front gehen“, sollten „die Front stärken“. Sie – so Bangert – „müssen dem Empfänger einen Auftrieb seiner Haltung vermitteln und ihm die Gewißheit geben, daß die Heimat die Front diesmal nicht vergißt.“ Diese Formulierung spielte auf die weit verbreitete „Dolchstoßlegende“ an, die besagte, dass die Niederlage im Ersten Weltkrieg auch darauf zurückzuführen sei, dass die Soldaten im Feld keinen Rückhalt in der kriegsmüden Bevölkerung und der Politik gehabt hätten und somit von dieser einen „Dolch in den Rücken gestoßen bekommen“ hätten. Gleichzeitig machte Bangert Vorgaben zum Inhalt und Stil der Feldpostbriefe und Druckschriften. Schlechte Nachrichten aus den Betrieben sollten, so die Forderung der DAF, in den Briefen nicht enthalten sein. Besonders wurden die Betriebe dazu angehalten, keine Betriebsgeheimnisse zu erwähnen, da die Schriften „dem Feind“ in die Hände fallen könnten. Dies sollten die Betriebsobmänner und Schriftleitungen sicherstellen.[7]
Das KWIE sandte den „1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“, der eine Fotografie mit Mitarbeitern vor der Feldpost-Tafel enthielt, „pflichtschuldigst auch der Gau- und Kreisverwaltung der DAF“[8] zu. Bei der DAF stieß das KWIE damit auf eine so positive Resonanz, dass die Fotografie der Feldpost-Tafel im Novemberheft der von der DAF-Gauwaltung herausgegebenen Zeitschrift „Kraft durch Freude“ abgedruckt wurde. In der Bildunterschrift wurde darauf hingewiesen, dass auch die Gauwaltung bereits eine ähnliche Tafel angebracht hätte: „Diese findige Einrichtung wird allen Betrieben zur Nachahmung empfohlen.“[9]
Inhalt der Feldpostbriefe
Zu den Zielen der „Feldpostbriefe der Daheimgebliebenen“ hieß es in der ersten Ausgabe: „Liebe Arbeitskameraden! Wenn wir im zweiten Monat des Krieges und nach Abschluss des ersten glorreichen Waffenganges unseren zum Heeresdienst einberufenen Arbeitskameraden einen gleichlautenden Brief, den wir ‚Feldpostbrief der Daheimgebliebenen‘ nennen wollen, und der in zwangloser aber hoffentlich nicht allzu häufiger Folge erscheinen soll, schreiben, so tun wir dies nicht nur, um eine engere Verbindung zwischen den Einberufenen und der Heimat herzustellen, sondern auch, um Ihnen untereinander Gelegenheit zu geben, miteinander in Fühlung zu kommen und Ihre Erlebnisse gegenseitig auszutauschen.“[10]
Eine politische Propagandafunktion stand nicht im Vordergrund, sondern eben die kommunikative Verbindung zwischen Kriegs- und „Heimatfront“. So hieß es im „1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“ weiter: „Es sind noch keine sieben Wochen und doch, wie lange dünkt uns diese Zeit, wenn man bedenkt, daß in dieser kurzen Spanne Zeit Weltgeschichte geschrieben wurde in einem Ausmaß, das uns alle überrascht hat und mit grösstem Stolz erfüllt. Der Feldpostbrief soll kein politischer Brief sein, darum muss dieser kurze Hinweis genügen.“[11] Anzumerken ist, dass die DAF sogar explizit davon abriet, die Betriebsfeldpost mit einem „ellenlangen politischen Artikel einzuleiten, der den Frontkämpfern klarmachen will, warum sie diesen Kampf zu führen haben.“[12] Begründung war, dass den „Frontkämpfern“ „die Notwendigkeit des Waffenganges mit dem Todfeind jeder Kultur und Menschlichkeit“ klar sei. Der Soldat wisse, „daß sein Freiheitskampf von wahrhaft historischer Bedeutung“ sei.[13]
Es bestand also für die Schriftleitung und Institutsdirektor Körber durchaus kein Zwang zu politischen Einlassungen. Trotzdem befinden sich in den Feldpostbriefen des KWIE Passagen, die dennoch einen deutlich politisch, gar propagandistischen Charakter aufweisen. Im „2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen“ begründete er dies im November 1939 folgendermaßen: „Unser Feldpostbrief sollte kein politischer Brief sein, wie wir zuletzt schrieben, aber wir können uns vorstellen, und Eure Briefe zeigen es uns auch, dass Euch das Herz voll ist, und dass es Euch verlangt, auch einmal unsere Auffassung über die Weltlage und deren Entwicklung zu hören.“[14] Die ersten Feldpostbriefe enthalten vor allem anti-englische Propaganda, zugleich auch dezidierte Bekenntnisse zu Hitler. „Der Führer“ – so Körber – werde es den englischen „Heuchlern“ schon zeigen.[15]
Versendung von Propagandaschriften an die Soldaten
Parallel verschickte die Institutsleitung zu Beginn des Krieges zusammen mit den Feldpostbriefen auch NS-Propagandaschriften. Im November 1939 erhielten die Soldaten des Instituts die Broschüren „Englands Maske ist gefallen“ und „Wie sie lügen“ .[16] Diese Propagandaschriften wurden von Körber im Feldpostbrief als „sehr gut geschrieben“ bezeichnet.[17] Solche Äußerungen können als Ausdruck einer nationalen Kriegs- und Siegeseuphorie, eines „bellizistischen Enthusiasmus‘“ und „einer enthusiastischen Selbstmobilisierung“ verstanden werden, die nach Kriegsbeginn vorherrschte und „weit über den Kreis der überzeugten Nationalsozialisten hinausging.“[18]
NS-Weltanschauung und Kriegspropaganda
In den folgenden Feldpostbriefen wurde laufend über die aktuelle Kriegssituation berichtet. Im Oktober 1941 beschäftigte sich Körber ausführlich mit den Kriegsereignissen des Jahres. Den Balkanfeldzug mit der Besetzung Jugoslawiens und Griechenlands im April 1941 kommentierte er mit den Worten: „Mit demselben Schneid und derselben Schnelligkeit wie alle anderen Feldzüge dieses Krieges wurde auch dieser blitzartig erledigt. Er ist in die Geschichte eingegangen und kündet künftigen Geschlechtern ein neues Heldenlied unserer deutschen Soldaten.“[19] Zu den Siegesperspektiven der Wehrmacht nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 zeigte sich Körber optimistisch. Seiner Meinung nach wäre „mit dem endgültigen Niederringen der Roten Horden in absehbarer Zeit zu rechnen“.[20] An dieser Sichtweise hielt Körber auch in den folgenden Feldpostbriefen fest, obwohl sich das Kriegsgeschehen im Osten immer mehr zugunsten der Sowjetunion wendete. Neben dem scharfen anti-englischen Tonfall traten nun betont antisowjetische Feindbilder hinzu, die rassistisch geprägt waren. An anderer Stelle hieß es mit Zuversicht auf einen baldigen Sieg: „Dann werden die Phrasen unserer Gegner über die gewaltigen Siege der Bolschewisten zerflattern, und der Welt wird erneut gezeigt werden, dass sich das Wort unseres Führers erfüllt, dass die roten Horden vernichtet und aus dem Bereich Europas verbrannt werden sollen."[21] Diese Feindbilder stimmten mit zentralen Wahrnehmungs- und Sinnstiftungsmuster der NS-Weltanschauung und Kriegspropaganda überein.[22]
Durchhalteparolen im fortgeschrittenen Krieg
In den Feldpostbriefen wurde ein überwiegend heiterer, an vielen Stellen soldatisch geprägter Ton angeschlagen. Mit den zunehmenden militärischen Rückschlägen der Achsenmächte fanden Durchhalteparolen Eingang in die Feldpostbriefe. In den Kommentaren Körbers trat dieses Thema zunehmend in den Vordergrund. Im April des Jahres 1943 räumte Körber im „19. Feldpostbrief“ zwar ein, dass nicht zu leugnen sei, „daß der Winter unter einem Unstern gestanden hat. Sowohl im Osten als auch in Afrika haben wir Rückschläge erlitten, die uns mit Besorgnis erfüllt haben.“ Dennoch war der Institutsleiter bemüht, ein positives und motivierendes Bild des aktuellen Kriegsgeschehens zu zeichnen. Vor allem seit Winterende würden die Erwartungen auf deutscher Seite wieder steigen – „nicht zuletzt getragen von der zuversichtlichen Stimmung, die in all Euren Briefen von den verschiedensten Teilen der gewaltigen Kampffront in wahrhaft erhebender Weise zum Ausdruck kommt“, wie es hieß.[23] Der „20. Feldpostbrief“ vom Dezember 1943 war überwiegend von den Erfahrungen des Luftkriegs und der alliierten Angriffe auf deutsche Großstädte geprägt, wobei das KWIE-Institutsgebäude selbst im Juni und August 1943 von Bomben getroffen worden war. Dementsprechend schlug Körber einen besonders aggressiven, fanatischen Ton in diesem Brief an. Zu den Bombardierungen schrieb er: „Kaum eine Stadt wurde verschont. Aber der beabsichtigte Erfolg ist ausgeblieben! Schwer getroffen zwar, aber unverzagt steht unsere Heimatfront mitten in einer Welt von Trümmern. Ungebeugt und trotzig steht sie dem Vernichtungswillen der englischen und Hollywood- ‚Kulturträger‘ gegenüber, der ganzen Welt ein Beispiel dafür gebend, daß, was 1918 Hunger und Propaganda vermochten, 1943 selbst nicht durch feigen Frauen- und Kindermord gelingt: unser Volk mürbe zu machen!“. Das deutsche Volk wisse, „daß hinter den Phrasen der angelsächsischen Heuchler die Fratze des Bolschewismus steht, alles vernichtend, was deutscher Fleiß, was deutscher Geist geschaffen hat. Darum kennt es keine Schwäche und erst recht keine Kapitulation!“[24] Die zitierten Passagen zeugen insgesamt von einer hohen und betonten Übereinstimmung der Institutsleitung mit der NS-Kriegsführung und den NS-Kriegszielen. In den Feldpostbriefen kam eine deutliche anhaltende Kriegsbegeisterung zum Ausdruck.
Der letzte überlieferte Feldpostbrief stammt aus dem September 1944. Dieser „22. Feldpostbrief“ wurde von dem neuen Institutsdirektor Franz Wever verfasst und behandelt vor allem den Tod Körbers, verbunden mit einem Bericht über die Beisetzungsfeier. Darüber hinaus findet der Krieg in diesem Brief kaum Erwähnung. Zur Arbeit des Instituts schrieb Wever: „Wir sind alle eifrig an der Arbeit und bemühen uns, so unseren bescheidenen Teil zu der großen Aufgabe der Zeit beizutragen. Unseren Soldaten danken wir herzlichst für die Lebenszeichen, die uns von ihnen eingegangen sind. Wir bitten sie, auch an ihrem Teil dazu beizutragen, daß die Verbindung zwischen uns nicht abreißt.“[25] Weitere Feldpostbriefe des KWIE wurden nicht aufgefunden, daher ist es nicht möglich, festzustellen, welchen Ton Wever in den Briefen angeschlagen hat.
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Einzelnachweise
→ zum ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis
- ↑ Z.B. MPIE, 6-0-11, 19. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.04.1943.
- ↑ DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Inhalt von Feldpostbriefen der Betriebsgemeinschaften, S. 5. Siehe auch: Lieb: Feldpost.
- ↑ Vgl. MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.
- ↑ DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Feldpostbriefe der Betriebsgemeinschaften, S. 5.
- ↑ DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Feldpostbriefe der Betriebsgemeinschaften, S. 5.
- ↑ Vgl.g MPIE, 6-0-11, Mitteilung der Verwaltung an sämtliche Abteilungen, 27.11.1940.
- ↑ DAF-Rundschreiben: 20.12.1939, Feldpostbriefe der Betriebsgemeinschaften, S. 5
- ↑ MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 10.10.1939.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 10.10.1939.
- ↑ DAF-Rundschreiben: 22.12.1941, S. 10, Betriebsfeldpost – wie der Soldat sie wünscht.
- ↑ DAF-Rundschreiben: 22.12.1941, S. 10, Betriebsfeldpost – wie der Soldat sie wünscht.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 1. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 10.10.1939; Siehe auch Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 811.
- ↑ Lehmann: Wie sie lügen.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 2. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.11.1939. Siehe auch: Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 813, FN 340.
- ↑ Hachtmann: Rauher Krieg, S. 39, S. 42; Hachtmann: Wissenschaftsmanagement Bd. 2, S. 810 f.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 14. (9.) Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 20.10.1941.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 14. (9.) Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 20.10.1941.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 16. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, Frühlingsanfang 1942.
- ↑ Vgl. Herf: Der Krieg und die Juden, S. 162-189; Wildt: Antikommunismus und Nationalsozialismus.
- ↑ MPIE, 6-0-11, 19. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 15.04.1943.
- ↑ MPIE, 24-0-01-1, 20. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eiseninstitut, 04.12.1943.
- ↑ MPIE, 24-0-01-1, 22. Feldpostbrief der Daheimgebliebenen aus dem Eisenforschungsinstitut, September 1944.